Comboni Lainmissionare

Botschaft Von Papst Franziskus. Welttag Der Armen

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„Streck dem Armen deine Hand entgegen“ (vgl. Sir 7,32)

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„Streck dem Armen deine Hand entgegen“ (vgl. Sir 7,32). Die altehrwürdige Weisheit hat diese Worte gleichsam als einen heiligen Verhaltenskodex für das Leben aufgestellt. Sie erklingen heute mit ihrer ganzen Bedeutungsschwere, um auch uns zu helfen, den Blick auf das Wesentliche zu konzentrieren und die Schranken der Gleichgültigkeit zu überwinden. Die Armut tritt immer in verschiedenen Formen auf, die für jede besondere Situation Aufmerksamkeit verlangen: In jeder von ihnen können wir dem Herrn Jesus begegnen, der offenbart hat, in seinen geringsten Brüdern anwesend zu sein (vgl. Mt 25,40).

1. Nehmen wir das Buch Jesus Sirach aus dem Alten Testament zur Hand. Hier finden wir die Worte eines Weisheitslehrers, der circa zweihundert Jahre vor Christus gelebt hat. Er suchte nach der Weisheit, die die Menschen besser macht und befähigt, die Begebenheiten des Lebens tiefer zu ergründen. Er tat dies in einer Zeit harter Prüfung für das Volk Israel, einer Zeit des Schmerzes, der Trauer und des Elends aufgrund der Herrschaft fremder Mächte. Als Mann großen Glaubens, der in der Tradition der Väter verwurzelt ist, war sein erster Gedanke, sich an Gott zu wenden, um ihn um die Gabe der Weisheit zu bitten. Und der Herr ließ es ihm an seiner Hilfe nicht fehlen.

Von den ersten Seiten des Buches an legt Jesus Sirach seine Ratschläge zu vielen konkreten Lebenssituationen dar, darunter auch die Armut. Er besteht darauf, dass man in der Not Gottvertrauen haben muss: »Überstürze nichts zur Zeit der Bedrängnis! Binde dich an den Herrn und lass nicht von ihm, damit du am Ende erhöht wirst! Nimm alles an, was über dich kommen mag, und in den Wechselfällen deiner Erniedrigung halt aus! Denn im Feuer wird Gold geprüft und die anerkannten Menschen im Schmelzofen der Erniedrigung. In Krankheiten und Armut setze auf ihn dein Vertrauen! Vertrau ihm und er wird sich deiner annehmen! Richte deine Wege aus und hoffe auf ihn! Die ihr den Herrn fürchtet, wartet auf sein Erbarmen! Weicht nicht ab, damit ihr nicht zu Fall kommt!« (2,2-7).

2. Seite für Seite entdecken wir ein kostbares Kompendium von Empfehlungen für ein Handeln im Licht einer engen Beziehung zu Gott, dem Schöpfer, der die Schöpfung liebt, der gegenüber all seinen Kindern gerecht ist und für sie sorgt. Der beständige Bezug auf Gott lenkt jedoch nicht davon ab, auf den konkreten Menschen zu schauen, vielmehr sind die beiden Dinge eng miteinander verbunden.

Die Stelle, der der Titel dieser Botschaft entnommen ist (vgl. 7,29-36), zeigt dies deutlich. Das Gebet zu Gott und die Solidarität mit den Armen und Leidenden können nicht voneinander getrennt werden. Um einen dem Herrn wohlgefälligen Gottesdienst zu feiern, ist es notwendig anzuerkennen, dass jeder Mensch, mag er noch so bedürftig und verachtet sein, Gottes Abbild in sich trägt. Aus dieser Aufmerksamkeit erwächst die Gabe des göttlichen Segens, der von der gegenüber dem Armen geübten Großzügigkeit angezogen wird. Daher kann die dem Gebet gewidmete Zeit niemals zum Vorwand werden, um den Nächsten in seiner Not zu vernachlässigen. Das Gegenteil ist wahr: Der Segen des Herrn kommt auf uns herab, und das Gebet erreicht seinen Zweck, wenn diese vom Dienst an den Armen begleitet werden.

3. Wie aktuell ist diese alte Lehre auch für uns! Das Wort Gottes überschreitet nämlich Raum, Zeit, Religionen und Kulturen. Die Großzügigkeit, die den Armen unterstützt, den Betrübten tröstet, die Leiden lindert, gibt dem die Würde zurück, der ihrer beraubt ist, sie ist Bedingung für ein ganz und gar menschliches Leben. Die Entscheidung, den Armen Aufmerksamkeit zu widmen wie auch ihren vielen verschiedenen Bedürfnissen, darf nicht von der verfügbaren Zeit oder von privaten Interessen abhängen noch von blutleeren Pastoral- oder Sozialprojekten. Man darf die Kraft der Gnade Gottes nicht durch die narzisstische Neigung ersticken, sich selbst immer an die erste Stelle setzen zu wollen.

Den Blick auf den Armen gerichtet zu halten ist schwierig, aber notwendiger denn je, um unserem persönlichen und sozialen Leben die rechte Richtung zu verleihen. Es geht nicht darum, viele Worten zu machen, sondern vielmehr, von der göttlichen Liebe angetrieben, sein Leben konkret einzubringen. Jedes Jahr komme ich mit dem Welttag der Armen auf diese für das Leben der Kirche grundlegende Wirklichkeit zurück, da die Armen immer bei uns sind und sein werden (vgl. Joh 12,8), um uns zu helfen, die Gegenwart Christi im täglichen Leben zu erfassen.

4. Die Begegnung mit einem Menschen in Armut fordert uns stets heraus und stellt Fragen an uns. Wie können wir dazu beitragen, seine Ausgrenzung und sein Leiden zu beseitigen oder zumindest zu erleichtern? Wie können wir ihm in seiner geistlichen Armut helfen? Die christliche Gemeinschaft ist aufgerufen, sich in diese Erfahrung des Teilens einzubringen, und dies in dem Bewusstsein, dass es ihr nicht erlaubt ist, diese Aufgabe an andere zu delegieren. Um den Armen eine Stütze zu sein ist es zudem wesentlich, die evangeliumsgemäße Armut selbst zu leben. Wir können nicht mit ruhigem Gewissen zuschauen, wenn ein Mitglied der menschlichen Familie ins Abseits gestellt wird und zum Schatten wird. Der leise Schrei der vielen Armen muss immer und überall das Volk Gottes an vorderster Front antreffen, damit es ihnen eine Stimme verleiht, sie verteidigt und sich mit ihnen angesichts so vieler Scheinheiligkeit und nicht erfüllter Versprechen solidarisiert und sie am Leben der Gemeinschaft teilhaben lässt.

Es stimmt, die Kirche kann keine Gesamtlösungen vorschlagen, aber mit der Gnade Christi bietet sie ihr Zeugnis und Gesten des Teilens an. Sie fühlt sich darüber hinaus verpflichtet, die Anliegen derer vorzutragen, denen das Lebensnotwendige fehlt. Allen den hohen Wert des Gemeinwohls in Erinnerung zu rufen ist für das christliche Volk eine lebenslange Verpflichtung; sie wird in dem Bemühen umgesetzt, niemanden von denen zu vergessen, deren Menschsein in seinen Grundbedürfnissen missachtet wird.

5. Die Hand entgegenzustrecken lässt vor allem den, der es tut, entdecken, dass wir fähig sind, Dinge zu vollbringen, die dem Leben Sinn verleihen. Wie viele entgegengestreckte Hände sieht man jeden Tag! Leider geschieht es immer öfter, dass die Eile in einen Strudel der Gleichgültigkeit hineinzieht, sodass man das viele Gute, das täglich in Stille und in großer Freigebigkeit vollbracht wird, nicht mehr zu erkennen vermag. So kommt es vor, dass nur bei Ereignissen, die den Lauf unseres Lebens durcheinanderbringen, die Augen fähig werden, die Güte der „Heiligen von nebenan“ zu bemerken, »derer, die in unserer Nähe wohnen und die ein Widerschein der Gegenwart Gottes sind« (Apostolisches Schreiben Gaudete et exsultate, 7), von denen aber niemand spricht. Die schlechten Nachrichten füllen die Seiten der Zeitungen, die Internetseiten und die Fernsehbildschirme im Übermaß, so dass man denkt, das Böse herrsche uneingeschränkt. Dem ist nicht so. Gewiss fehlt es nicht an Bosheit und Gewalt, an Übergriffen und Korruption, doch das Leben besteht aus einem Geflecht von Taten des Respekts und der Großzügigkeit, die nicht nur das Böse ausgleichen, sondern dazu antreiben, darüber hinaus zu gehen und voller Hoffnung zu sein.

6. Die Hand entgegenzustrecken ist ein Zeichen: ein Zeichen, das unmittelbar auf die Nähe, die Solidarität, die Liebe hinweist. Wie viele entgegengestreckte Hände haben wir in diesen Monaten erblicken können, in denen die ganze Welt von einem Virus gleichsam übermannt wurde, das Schmerz und Tod, Verzagtheit und Verwirrung gebracht hat. Die entgegengestreckte Hand des Arztes, der sich um jeden Patienten kümmert und nach dem richtigen Heilmittel sucht. Die entgegengestreckte Hand der Krankenschwester oder des Krankenpflegers, die weit über ihre Arbeitszeiten hinaus dableiben, um die Kranken zu versorgen. Die entgegengestreckte Hand dessen, der in der Verwaltung arbeitet und die Mittel beschafft, um so viele Leben wie möglich zu retten. Die entgegengestreckte Hand des Apothekers, der in einem mit Risiko verbundenem Umgang mit den Menschen vielen Anfragen ausgesetzt ist. Die entgegengestreckte Hand des Priesters, der mit qualerfülltem Herzen segnet. Die entgegengestreckte Hand des Freiwilligen, der denen beisteht, die auf der Straße leben, wie auch denen, die zwar ein Zuhause, aber nichts zu essen haben. Die entgegengestreckte Hand der Männer und Frauen, die arbeiten, um wesentliche Dienste und Sicherheit zu bieten. Und wir könnten noch weitere entgegengestreckte Hände bis zur Zusammenstellung einer Litanei der guten Werke anführen. All diese Hände haben der Ansteckung und der Angst die Stirn geboten, um Unterstützung und Trost zu geben.

7. Diese Pandemie kam unerwartet und hat uns unvorbereitet überrascht, während sie ein großes Gefühl der Verunsicherung und Ohnmacht hinterließ. Die dem Armen entgegengestreckte Hand hingegen kam nicht plötzlich. Sie zeugt vielmehr davon, wie man sich darauf vorbereitet, den Armen zu erkennen, um ihn in der Zeit der Not zu unterstützen. Die Werkzeuge der Barmherzigkeit werden nicht improvisiert. Es braucht ein tägliches Training, das bei dem Bewusstsein beginnt, dass wir als Erste einer Hand bedürfen, die uns entgegengestreckt wird.

Die Zeit, die wir gerade erleben, hat viele Gewissheiten in eine Krise gestürzt. Wir fühlen uns ärmer und schwächer, weil wir Grenzgefühl und Freiheitseinschränkung erfahren haben. Der Verlust der Arbeit und inniger Zuneigung wie auch das Fehlen gewohnter zwischenmenschlicher Beziehungen haben mit einem Schlag Horizonte aufgetan, die wir für gewöhnlich nicht mehr bemerkten. Unsere spirituellen und materiellen Reichtümer wurden zur Diskussion gestellt, und wir haben entdeckt, dass wir Angst haben. In die Stille unserer Häuser eingeschlossen, haben wir neu entdeckt, wie wichtig die Einfachheit ist und dass wir den Blick auf das Wesentliche richten. Wir haben das Bedürfnis nach einer neuen Geschwisterlichkeit vertieft, die zu wechselseitiger Hilfe und gegenseitiger Achtung fähig ist. Es ist dies eine günstige Zeit, um »wieder [zu] spüren, dass wir einander brauchen, dass wir eine Verantwortung für die anderen und für die Welt haben […]. Wir haben schon sehr viel Zeit moralischen Verfalls verstreichen lassen, indem wir die Ethik, die Güte, den Glauben und die Ehrlichkeit bespöttelt haben […]. Diese Zerstörung jeder Grundlage des Gesellschaftslebens bringt uns schließlich um der Wahrung der jeweils eigenen Interessen willen gegeneinander auf, lässt neue Formen von Gewalt und Grausamkeit aufkommen und verhindert die Entwicklung einer wahren Kultur des Umweltschutzes« (Enzyklika Laudato si’, 229). Kurz und gut, die großen Wirtschafts-, Finanz- und politischen Krisen werden nicht aufhören, solange wir zulassen, dass die Verantwortung, der sich ein jeder gegenüber dem Nächsten und allen Menschen bewusst sein muss, in einer Art Winterschlaf verharrt.

8. „Streck dem Armen deine Hand entgegen“ ist also eine Einladung zur Verantwortung im Sinne eines direkten Einsatzes dessen, der sich bewusst ist, dass er am gleichen Los teilhat. Es ist eine Aufforderung, die Last der Schwächeren zu tragen, wie uns der heilige Paulus in Erinnerung ruft: »Dient einander in Liebe! Denn das ganze Gesetz ist in dem einen Wort erfüllt: Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst! […] Einer trage des anderen Last« (Gal 5,13-14; 6,2). Der Apostel lehrt uns, dass die uns durch Jesu Christi Tod und Auferstehung geschenkte Freiheit für einen jeden von uns die Verantwortung bedeutet, sich in den Dienst der anderen zu stellen, vor allem der Schwächsten. Es handelt sich nicht um einen fakultativen Aufruf, sondern um eine Bedingung der Authentizität des Glaubens, den wir bekennen.

Das Buch Jesus Sirach kommt uns hier wieder zu Hilfe. Es schlägt konkrete Taten zur Unterstützung der Schwächsten vor und gebraucht dabei auch einige suggestive Bilder. Zuerst zieht es die Schwachheit der Trauernden in Betracht: »Entzieh dich nicht den Weinenden« (7,34). Die Zeit der Pandemie hat uns eine Zwangsisolation auferlegt; dadurch war es uns sogar verwehrt, Freunden und Bekannten, die über den Verlust eines lieben Menschen trauerten, Trost zu spenden und nahe zu sein. Der biblische Autor sagt weiter: »Zögere nicht, einen Kranken zu besuchen« (7,35). Wir mussten die Erfahrung machen, dass wir den Leidenden nicht zur Seite stehen konnten, und gleichzeitig wurde uns die Zerbrechlichkeit unseres Daseins bewusst. Das Wort Gottes also lässt uns nie in Ruhe und regt uns weiter zum Guten an.

9. „Streck dem Armen deine Hand entgegen“ hebt im Kontrast dazu die Haltung derer hervor, die die Hände eingesteckt und sich nicht von der Armut berühren lassen, an der sie oft auch mitschuldig sind. Gleichgültigkeit und Zynismus sind ihr täglich Brot. Was für ein Unterschied zu den großzügigen Händen, die wir zuvor beschrieben haben! Denn es gibt ausgestreckte Hände, die schnell über eine Computertastatur bewegen und Geldbeträge von einem Teil der Welt in einen anderen verschieben und damit den Reichtum begrenzter Oligarchien wie auch das Elend von Massen oder den Konkurs ganzer Nationen bestimmen. Es gibt ausgestreckte Hände, die Geld anhäufen mit dem Verkauf von Waffen, die andere Hände – auch von Kindern – dann verwenden, um Tod und Armut zu säen. Es gibt ausgestreckte Hände, die heimlich tödliche Dosen reichen, um sich zu bereichern und in Luxus und in vergänglichen Ausschweifungen zu leben. Es gibt ausgestreckte Hände, die für einen einfachen, korrupten Gewinn unter der Hand gesetzwidrige Gefälligkeiten erbringen. Und es gibt viele ausgestreckte Hände, die in Scheinheiligkeit Gesetze festlegen, die sie selbst nicht einhalten.

Mit dieser Aussicht »warten die Ausgeschlossenen weiter. Um einen Lebensstil vertreten zu können, der die anderen ausschließt, oder um sich für dieses egoistische Ideal begeistern zu können, hat sich eine Globalisierung der Gleichgültigkeit entwickelt. Fast ohne es zu merken, werden wir unfähig, Mitleid zu empfinden gegenüber dem schmerzvollen Aufschrei der anderen, wir weinen nicht mehr angesichts des Dramas der anderen, noch sind wir daran interessiert, uns um sie zu kümmern, als sei all das eine uns fernliegende Verantwortung, die uns nichts angeht« (Apostolisches Schreiben Evangelii gaudium, 54). Wir dürfen uns nicht zufriedengeben, solange diese Hände, die Tod säen, nicht zu Werkzeugen der Gerechtigkeit und des Friedens für die ganze Welt geworden sind.

10. »Bei all deinen Worten bedenke dein Ende« (Sir 7,36). Mit dieser Aussage beschließt Jesus Sirach seine Überlegungen. Der Text erlaubt eine zweifache Interpretation. Die erste hebt hervor, dass wir immer das Ende unseres Daseins berücksichtigen müssen. An das gemeinsame Los zu denken kann eine Hilfe sein für ein Leben im Zeichen der Achtsamkeit gegenüber dem, der ärmer ist und nicht die gleichen Möglichkeiten hatte wie wir. Es gibt ebenso eine zweite Deutung, die vielmehr das Ziel, den Zweck unterstreicht, zu dem jeder unterwegs ist. Es geht um das Ziel unseres Lebens, das einen Plan erfordert, den man verwirklichen soll, und einen Weg, den man ohne müde zu werden gehen muss. Das Ziel jeder unserer Handlungen kann nur die Liebe sein. Dies ist der Zweck, warum wir uns auf den Weg gemacht haben, und nichts darf uns davon abbringen. Diese Liebe heißt Teilen, Hingabe und Dienst, beginnt aber bei der Entdeckung, dass wir als Erste geliebt sind und wieder zur Liebe gerufen sind. Dieses Ziel erscheint in dem Moment, da das Kind dem Lächeln seiner Mutter begegnet und sich geliebt weiß aufgrund der Tatsache selbst, dass es existiert. Auch ein Lächeln, das wir mit einem Armen teilen, ist eine Quelle von Liebe und ermöglicht es, in Freude zu leben. Die entgegengestreckte Hand also kann immer durch das Lächeln dessen bereichert werden, der seine Gegenwart und dargebotene Hilfe nicht betont, sondern sich einfach freut, nach dem Stil des Jüngers Christi zu leben.  

Auf diesem Weg, täglich den Armen zu begegnen, begleite uns die Mutter Gottes, die mehr als jede andere die Mutter der Armen ist. Die Jungfrau Maria kennt aus nächster Nähe die Schwierigkeiten und Leiden der Ausgegrenzten, denn sie selbst musste den Sohn Gottes in einem Stall zur Welt bringen. Wegen der Bedrohung durch Herodes floh sie mit Josef, ihrem Bräutigam, und dem kleinen Jesuskind in ein anderes Land, und das Leben als Flüchtlinge prägte für einige Jahre die Heilige Familie. Das Gebet zur Mutter der Armen möge diese ihre geliebten Kinder und alle, die ihnen im Namen Christi dienen, verbinden. Und das Gebet verwandle die entgegengestreckte Hand in eine gemeinsame Umarmung wiedergefundener Geschwisterlichkeit.

Rom, St. Johannes im Lateran, 13. Juni 2020, Gedenktag des heiligen Antonius von Padua.

FRANZISKUS

Missionarische und dienende pfarrei

P Fernando MCCJ

„Die pilgernde Kirche ist ihrem Wesen nach missionarisch“ (AG 2; vgl. Mt 28, 16-20; Mk 16, 15-20), aber zugleich ist sie auch eine dienende Kirche (vgl. Röm 12, 4-8). Dienst und Mission sind zutiefst verbunden, da die Mission durch die Vielfalt der Dienste erkennbar wird und sich entfaltet. Ein Dienstamt ist für das Gemeinwohl da oder für die Entwicklung der kirchlichen Sendung. Daher können wir sagen, dass die Kirche missionarisch ist, insoweit sie grundsätzlich ihren dienenden Auftrag wahrnimmt. Im Rahmen des Dienstamtes, das die Kongregation als Jahresthema gewählt hat, verweilen wir in diesem Artikel insbesondere beim dienenden und charismatischen Aspekt der missionarischen Sendung der Kirche in der Pfarrei.

P Fernando MCCJ

Im Licht des II. Vatikanischen Konzils wissen wir, dass jeder Getaufte berufen ist, das Evangelium zu verkünden, insofern er am priesterlichen, prophetischen und königlichen Amt Christi Anteil hat, und dessen Mission mitträgt (vgl. LG 30-38). Die Dienstämter können in zwei große Gruppen eingeteilt werden: Dienstämter der Laien und Dienstämter der Priester. Geht man von einer hierarchischen Vision der Kirche und von einer klerikalen Vision der Seelsorge aus, ersticken die Dienstämter der Laien oder werden zu Hilfsdiensten des Priesters und der Mission reduziert. Die Pastoralkräfte werden folglich einfache Mitarbeiter und Helfer, „Altardiener des Priesters“ oder, wie es auf vielen Missionen geschehen ist, „Missionsdiener“, obwohl es sich um Erwachsene handelte. Es gibt auch Priester, die viel Zeit für Arbeiten aufwenden, für die an sich die Brüder oder andere Laienkräfte da sind. Für die eigentlichen priesterlichen Aufgaben bleibt ihnen dann oft wenig Zeit übrig.

Eine andere weit verbreitete Praxis gliedert die Gemeinde in pastorale Sektoren auf, die jeweils einem Priester anvertraut werden. Jeder organisiert und verwaltet seinen eigenen Sektor, seine eigene Seelsorge, sein Arbeitsteam, seine Projekte, seine Leute, seine Mission, seine finanziellen Mittel. Dieser Sektor wird sozusagen sein Eigentum, in dem die anderen Missionare nichts zu suchen haben und manchmal nicht einmal ihre Meinung darüber äußern dürfen. Jeder muss das „Hoheitsgebiet“ des anderen respektieren. Das XVIII. Generalkapitel und das Apostolische Schreiben Evangelii Gaudium von Papst Franziskus ermahnen uns, einen Bekehrungsprozess zu beginnen, um von klerikalen und hierarchischen Modellen von Mission und Seelsorge zu Modellen von Dienstleistungen überzugehen, die der Heilige Geist eingibt, um nach dem Geist des II. Vatikanischen Konzils zu leben. Aufgrund der Taufe sind wir alle gleich: Jünger Jesu, aber mit unterschiedlichen Berufungen und Gaben (vgl. LG 30). Wir machen uns den Ausdruck zu eigen, den die lateinamerikanischen Bischöfe in Aparecida geprägt haben, und den auch Papst Franziskus verwendet hat: Wir sind alle Missionsjünger Jesu Christi (vgl. EG 119-121.130-131, Aparecida 184-224).

Es muss betont werden, dass der Getaufte vor allem ein Jünger Jesu Christi ist und durch die Begegnung mit Jesus Missionar wird. Dieser Jesus, der ihn fasziniert hat, sendet ihn aus, das Evangelium zu verkünden. „Jeder Christ und jede Gemeinde soll unterscheiden, welches der Weg ist, den der Herr verlangt, doch alle sind aufgefordert, diesen Ruf anzunehmen: hinauszugehen aus der eigenen Bequemlichkeit und den Mut zu haben, alle Randgebiete zu erreichen, die das Licht des Evangeliums brauchen“ (EG 20). Jeder Missionsjünger sollte sich die missionarische Leidenschaft des Apostels Paulus zu eigen machen und ausrufen: „Wehe mir, wenn ich das Evangelium nicht verkünde!“ (1 Kor 9,16). Die Verkündigung ist nicht nur eine Pflicht, sondern vor allem ein Recht, das jedem missionarischen Jünger Jesu zusteht.

Heute ist es dringend geboten, die Vielzahl und Unterschiedlichkeit der Dienstämter zu fördern. Die Dienstämter der Priester und der Laien sind Gaben des Heiligen Geistes, um sich auf dem Weg zu einem gemeinsamen Ziel gegenseitig zu ergänzen: „Es gibt verschiedene Gnadengaben, aber nur den einen Herrn. Es gibt verschiedene Dienste, aber nur einer ist der Herr. Es gibt verschiedene Kräfte, die wirken, aber nur den einen Gott: Er bewirkt alles in allen. Jedem aber wird die Offenbarung geschenkt, damit sie anderen nützt.“ (1 Kor 12, 4-7). Die heutige Mission erfordert Modelle von pastoralen Dienstämtern. Eine dem Dienst verpflichtete Missionsgemeinde ist dynamisch, weil sie durch das Hinhören auf den Heiligen Geist und durch die Deutung der Zeichen der Zeit neue Dienstämter und pastorale Vorgehensweisen entdeckt, entwirft, ins Leben ruft und entwickelt.

Im Folgenden stelle ich zwei pastorale Entwürfe vor, die auf       Dienstämtern beruhen und bereits in verschiedenen Teilen der Welt umgesetzt werden.

Ich gehe nicht auf die Dienste von geweihten Personen ein, da diese zur Priesterberufung gehören, sondern hebe nur die Laiendienste hervor.

Laiendienste in kirchlichen Basisgemeinden

  1. In Bezug auf das Wort Gottes: Leiter von Bibelkreisen, um die Reflexion in kleinen Gemeinden zu koordinieren.
  2. In Bezug auf die Weiterbildung der Gemeinde: Katechisten für die Vorbereitung auf die Sakramente und die Nachbetreuung.
  3. In Bezug auf die liturgischen Feiern: Verantwortliche für die Begrüßung der Gläubigen, Sänger, Lektoren, Akolythen, Leiter von Wortgottesfeiern.
  4. In Bezug auf die soziale Solidarität: Verantwortliche für die politische Gewissensbildung, die Menschenrechte, Caritas und die Unterstützung von Bedürftigen; Dienstamt für Organisatorisches und gemeinsame Mobilisierung.

Organisation der Dienste nach der Art der Seelsorge

Einige Pfarrgemeinden fassen die verschiedenen Dienste in drei Arten von Seelsorge zusammen: Prophetie, Liturgie, soziale Dienste.

  1. Prophetie: Katechisten für die Einführung in die Sakramente; Lehrer für die Weiterbildung der Personen, die ein Dienstamt innehaben; Begleiter der verschiedenen Pfarrgruppen; Schulung der Pastoralkräfte; eine regelmäßige Publikation für die Weiterbildung der Verantwortlichen und der Pfarrgemeinde.
  2. Liturgiepastoral: Verantwortliche für die Gäste; Chöre, Sänger, Lektoren, Akolythen; Leiter von Wortgottesfeiern; Koordinatoren der Liturgiegruppen; Lektoren für die bildhafte Darstellung des Evangeliums bei Kindermessen.
  3. Soziale Dienste: Verantwortliche für Solidarität und Caritas; Krankenbesucher; Soziale Gewissensbildung in punkto Menschenrechte und Soziallehre der Kirche; Gastfreundschaft.

Damit eine nach Dienstämtern organisierte Gemeinde gut funktionieren kann, braucht es unbedingt einen Pfarrgemeinderat, dem sowohl geweihte Personen als auch Laien angehören. Gemeinsam begleiten sie die Verkündigung des Evangeliums und deuten die Zeichen der Zeit, um dann die richtigen pastoralen Entscheidungen zu treffen, die sich für das Umfeld und die gegenwärtige Zeit eignen, und die notwendigen Dienstämter für die Missionsarbeit einzuführen. Ebenso ist es wichtig, dass man sich auf eine Spiritualität stützen kann, die allen in der Verkündigung Tätigen hilft, die eigene Berufung zum missionarischen Jünger Jesu besser zu kennen und mehr zu schätzen.
Fernando Mal GatKuoth

Übersetzung: Pater Alois Eder

Arbeitstreffen der CLM-Gruppe (10.-12.07.2020 in Nürnberg)

LMC Alemania
CLM Deutschland

Unser Julitreffen war von drei Schwerpunkten bestimmt: Weiterarbeit an unseren Friedensplakaten, Teilnahme an der Zoom-Konferenz der europäischen CLM und geistliches wie geselliges Miteinander mit der MCCJ-Hausgemeinschaft von Nürnberg.

Für die Friedensplakate präzisierten wir noch einmal das Schema sowie die Anforderungen und legten die kommenden Schritte bis zur Fertigstellung fest.

Durch die Teilnahme an der europäischen Zoom-Konferenz konnten einige CLM erstmals persönlich die Internationalität der Bewegung erfahren. Vertreter jedes Landes berichteten von den Herausforderungen der „Mission in Europa“ in ihrem Kontext sowie eigenen Handlungsansätzen angesichts dieser Problemfelder.

CLM Deutschland

Gemeinsam mit den MCCJ und den Paulusschwestern beteten wir um Berufungen, feierten Eucharistie und pflegten die Gemeinschaft beim Grillen.

Nach der längeren Corona-Pause tat das persönliche Wiedersehen sehr gut!

CLM Deutschland

CLM Deutschland

Die Laien und das Dienstamt

Laicado
Laicado

Die Laien und das Dienstamt/Ministerialità

  Wir versuchen, das Dienstamt aus dem Blickwinkel der Laien, insbesondere des Missionsberufs und des Comboni Missionars zu betrachten. Bevor wir uns aber vom Glauben her damit beschäftigen, wollen wir zuerst genau den Rahmen festlegen.

   Unser Leben wird auf den Kopf gestellt, wenn wir Jesus von Nazareth persönlich begegnen. Wir leben in einer Gesellschaft von vielen Männern und Frauen guten Willens. Jede Person hat ihre Prinzipien und Werte, die ihre Handlungen und lebenswichtigen Optionen bestimmen. Sobald wir uns Christus anschließen, gibt es in unserem Leben ein Vorher und ein Nachher. Wie die ersten Jünger, begegneten auch wir eines Tages Jesus. Unser Herz schlug höher und wir fragten: “Wo wohnst du?” “Komm und sieh”, war seine Antwort. In jenem Augenblick veränderte sich unser Leben.

  Viele Wege haben zu dieser Begegnung geführt. Für viele war es die eigene Familie; für andere die christliche Gemeinde, Freunde; andere sind durch gewisse Ereignisse auf diesen Weg aufmerksam gemacht worden… Die Wortklauberei ist natürlich sehr ausgeprägt. Ausschlaggebend sind aber letztlich die freie Antwort und deren Auswirkungen auf unser Leben.

  Es steht jedem frei zu antworten; niemand zwingt uns dazu; die Antwort ist ein Gnadengeschenk, mit dessen Hilfe unser Leben erneuert wird.

  Der Laie ist vor allem ein Jünger Christi. Er folgt keiner Ideologie. Es geht auch nicht nur um den Einsatz für berechtigte Anliegen, um einer neuen, gerechteren und würdevolleren Menschheit auf die Beine zu helfen. Man braucht auch nicht alle religiösen Vorschriften erfüllen, die uns in unserer Gottesbeziehung helfen. Christ sein heißt in erster Linie, Jesus nachfolgen; aus unserer Bequemlichkeit ausbrechen; uns auf den Weg machen; nur das Allernötigste mitnehmen, um unbeschwert, stets offen und verfügbar zu sein. Unterwegs wird uns Jesus klarmachen, welche Verantwortung er uns in der Verkündigung und beim Aufbau des Reiches anvertrauen will.

  Wir sprechen von einem Zustand ständiger Unterscheidung der Geister, was nichts anderes als ein Dauerdialog mit dem Herrn ist. Es gibt natürlich im Leben eines jeden Menschen besondere Augenblicke der Urteilsfindung. Dabei geht es um dessen zentrale Berufung: um den Ehestand oder den Missionsberuf oder um einen ganz konkreten Beruf, mit dem wir anderen helfen wollen, indem wir eine bestimmte Art von Studium oder von Arbeit wählen… Es ist grundlegend für jeden Menschen, ganz zu seinem Beruf zu stehen, sei er nun Krankenpfleger, Arzt, Lehrer, Manager, Anwalt, Erzieher, Sozialarbeiter, Politiker, Schreiner etc.

  Das sind entscheidende Momente im Leben von Jugendlichen oder von Erwachsenen. Neben diesen Augenblicken, die uns in schwierigen Zeiten auf unserem Weg unterstützen, wollen wir auch unterwegs Hörende bleiben. Wir wollen es uns nicht bequem machen. Im Leben gibt es immer wieder neue Herausforderungen und ergehen neue Anrufe Jesu an uns. Den Koffer griffbereit zu haben, gehört zum Missionsleben. Es ist unsere Aufgabe, Menschen und Gemeinden für eine bestimmte Zeit zu begleiten, dann uns aber wieder auf den Weg zu machen, denn der Aufbruch gehört zu unserem Wesen. Aufbrechen oder weiterwachsen. Wir bleiben nicht auf Jahre hinaus die Gleichen, wir merken, dass sich die Bedürfnisse ändern. Wir sind aufgerufen, unser Land zu verlassen, uns in andere Länder, zu anderen Kulturen aufzumachen… Neue Aufgaben, neue Verantwortungen werden uns übertragen, wir werden in unsere Heimat zurückgerufen. Das alles ist Teil unserer Berufung. In jedem Anruf, in jeder neuen Veränderung müssen wir versuchen die Pläne des Herrn zu verstehen, die er für uns bereithält. Warum schickt er uns auf einen anderen Erdteil oder ruft uns in die Heimat zurück, wo wir uns doch so wohl fühlten, so gut mit anderen zusammenarbeiteten und unsere Präsenz so wichtig war. Jetzt sollen wir von allem Abschied nehmen und anderswo neu beginnen…

  Warum spüren wir eine gewisse Unruhe in uns und stellen uns in Frage, sobald wir glauben, den endgültigen Hafen erreicht zu haben? Es ist die Stimme des Herrn, die sich bemerkbar macht. Mit ihm verbindet uns eine Freundschaft, die unser Wachstum fördert. Als Freunde gestalten wir gemeinsam das Leben und die neuen Projekte. Wir erleben stabile Zeiten, aber auch Zeiten neuer Herausforderungen. Wir sind nicht in der Welt, um auszuruhen, sondern uns am Leben zu freuen, und dafür zu kämpfen, dass auch andere sich freuen können.

  Wir antworten auf diesen Aufruf, aber machen uns nicht allein auf den Weg, sondern als Gemeinschaft. Wir sind keine Einzelgänger. Unsere Zugehörigkeit zur Kirche und zur Menschheitsfamilie ist Teil unserer christlichen Berufung. Als Mitglieder dieser Kirche fühlen wir uns zu einem gemeinsamen Dienst berufen. Als Comboni-Laienmissionare  (LMC) spüren wir diese Zugehörigkeit und nehmen unsere spezifische Berufung als gemeinsame Verantwortung wahr. Jeder ist persönlich gerufen worden, aber gleichzeitig auch als Gemeinschaft. Wir betrachten die Kirche als universales Sakrament der Erlösung, jeder von seiner Besonderheit her, seiner Gaben und seines Charismas, für die Verkündigung und den Aufbau des Reiches.

  Jesus ruft seine Jünger auf zu leben und den Weg in Gemeinschaft zu gehen. Wir sind uns bewusst, dass wir nur unter der Führung Jesus weiterkommen. Als Gemeinschaft brauchen wir jene tiefe Spiritualität, die uns mit Jesus, dem Vater und dem Geist verbindet. Das Gebet, das Glaubensleben und die Gemeinschaft werden für den CLM geistliche Nahrung und Lebensbezug.

Der Mittelpunkt der Mission in Comboni. Die Kirche im Dienst der Mission
  Für Comboni war die Mission der Mittelpunkt seiner Berufung und seine unerlässliche Aufgabe in der Kirche. Die hilfebedürftigsten Schwestern und Brüder erwarten von uns eine Antwort. Da diese sehr wichtig, aber auch sehr komplex ist, braucht nicht jeder für sich darauf zu antworten, sondern als kirchliche Gemeinschaft. Von allen Christen wird eine Antwort erwartet, unabhängig von der Stellung in der Kirche. Jesus ruft jeden zum Gehen auf. So komplex sind die Bedürfnisse der Menschheit von heute und so vielschichtig, dass der Geist Gottes in der Welt und in der Kirche verschiedene Berufungen und Charismen erweckt, die sich dieser Realitäten annehmen. Wer die Kirche mit dem Klerus und mit den Ordensleuten identifiziert, hat keine Ahnung von Jesus und hört nicht auf den Geist Gottes. Die Berufung zum Priestertum oder zum Ordensleben ist in ihrer Vielfalt für die Welt von grundlegender Bedeutung, steht aber nicht über dem Einsatz aller und eines jeden einzelnen Laien. Die Verantwortung der Kirche ist nicht nur an die Religiosität oder Spiritualität der Personen gebunden. Unsere Verantwortung ist auch sozialer, familiärer, ökologischer, pädagogischer, gesundheitlicher Natur usw., gemeinsam mit der ganzen Welt. Die alltäglichen Angelegenheiten sind auch Gottes Angelegenheiten. Die Aufmerksamkeit einem jeden Menschen gegenüber in seinen konkreten und globalen Bedürfnissen gehört zum Aufgabenbereich der Jünger Jesu. Dabei ist die Rolle der Laien, von Mann und Frau, von grundlegender Bedeutung, in materieller und geistlicher Hinsicht… so hatte es Comboni gesehen und so sehen es wir.

Comboni

Der Laie in der Welt

  In diesem allumfassenden Aufruf, der an uns ergeht, zeigt sich die Kirche als Referenzgemeinschaft. Sie ist der Ort, wenn auch nicht der einzige, wo man wieder zu Kräften kommt und sich stärken kann. Es ist Aufgabe der Laien, Wurzeln zu schlagen, die den Boden festigen und fruchtbar machen; Solidaritäts- und Beziehungsnetze aufzubauen, die die Gesellschaft, von der Familie her, die kleinen Wohngemeinschaften, sozialen Verbände, Unternehmen … miteinander verbinden. Wir bauen Netzwerke auf und fördern Beziehungen, Zusammenarbeit und Beschäftigung. Wir sind in diesen Netzwerken eingebunden, unterstützen sie und geben ihnen eine spirituelle Grundlage, damit sie sich in den Dienst der Menschen und insbesondere der Verwundbarsten stellen. Wir sind für alle da, aber unser Blick richtet sich vor allem auf die Ärmsten und am meisten Vernachlässigten, von denen Comboni sprach, auf die von der Gesellschaft Ausgeschlossenen. Dieser Blick ermutigt uns, die Peripherien aufzusuchen, denn von unten sieht man die Dinge anders. Wir dürfen uns nicht mit einer Gesellschaft zufrieden geben, in der nicht alle ein würdevolles Leben führen können, die den Besitz über das Sein stellt, der Konsum einen kranken Planeten verwüstet, der uns anschreit und unsere globale Verantwortung einfordert. Diese Vision, die unser Leben hinterfragen soll, ruft nach konkreten Taten.

  Die Berufung des Laien ist eine Berufung zum Dienst an der Menschheit. Für einige wird es ein kircheninterner Dienst sein. Wer in der Pfarrei mitarbeitet, ist aber nicht schon automatisch ein guter Laie, wenn er den Dienst an der Welt aus den Augen verliert. Gewisse interne Dienste sind notwendig, jedoch die Kirche muss hinausgehen. Mit Jesus auf die Straße gehen, von Stadt zu Stadt, von Haus zu Haus, um allen unterschiedslos zu helfen. Wir sind Salz der Erde, Hefe im Teig, … unser Platz ist in der Welt, um unseren Beitrag zu leisten. Wir dürfen nicht zu Hause sitzen bleiben, weil wir uns dort wohl fühlen und uns gegenseitig verstehen. Wir müssen hinausgehen. Die Kirche lebt nicht für sich selbst, sie ist eine Glaubensgemeinschaft, die Jesus nachfolgt und den Benachteiligten dient. Aus all diesen Gründen fühlen wir uns berufen, die Entwicklung der Gesellschaft (auch der christlichen) voranzutreiben.

Wie entsprechen wir als LMC dieser Berufung?

  Gegenwärtig wird in der Kirche viel über das Spezifische der Mission reflektiert. Welche sind oder sollten die spezifischen Dienste des Missionars sein, sobald die geografische Verbindung zur Mission, zwischen dem reichen Norden und dem zu entwickelnden Süden, wo es zum Teil große Ungleichheiten und viele Schwierigkeiten gibt, aufhört… Freilich gibt es auch in den sogenannten reichen Ländern Obdachlose, Zwangsmigration aufgrund von Armut, Kriegen und Verfolgungen. Der Klimawandel setzt der Menschheit immer mehr zu. Die COVID-19-Pandemie erinnert uns daran, dass wir eine globalisierte Menschenfamilie über alle Grenzen hinweg sind. Sie zieht uns alle gleichermaßen in Mitleidenschaft. Bis jetzt schien es, als könnte nur das Geld ohne Reisepass zirkulieren, die Viren können es auch.

  Nur in einer gerechten Welt können wir alle in Frieden und Wohlstand leben. Ungleiche Löhne, Auseinandersetzungen, maßloser Konsum, der die Pole schmelzen lässt, und Vieles mehr hat Auswirkungen auf die ganze Menschheit. Zäune und Polizei an den Grenzen, vor den Häusern oder Wohnsiedlungen der Wohlhabenden werden die Welt nicht besser machen, auch nicht für jene, die dahinter Zuflucht suchen.

  Nur unter diesem Blickwinkel sind Debatten und Reflexionen über das Spezifische des CLM in der heutigen Zeit hilfreich. Ich will jetzt keine theoretischen Überlegungen anstellen. Ich möchte nur mit einfachen Worten von einigen Einsätzen erzählen, bei denen wir mittun und unsere Berufung leben. Das ist unser Dienst/unsere Ministerialità, zu dem wir uns berufen fühlen. Es ist unsere konkrete Antwort und keine Theorie, die wir anbieten. Ich erwähne nur einige Beispiele, die uns Licht spenden können, andere bleiben verborgen. Nicht umsonst sind wir berufen, verborgene Steine zu sein.

  Seit mehr als 25 Jahren arbeiten unsere Mitglieder unter den Pygmäen und der Bevölkerung der Zentralafrikanischen Republik. Die Mehrheit der Bevölkerung betrachtet die Pygmäen als ihre Untergebenen. Wir sind Brückenbauer und tragen Verantwortung für eine Reihe von Grundschulen in einem Land, das schon mehrere Staatsstreiche erlebt hat und sich seit Jahren in einer Konfliktsituation befindet, die es der Regierung nicht erlaubt, ihren Verpflichtungen nachzukommen.

  In Peru begleiten wir Menschen an der Peripherie großer Städte, in neuentstehenden Stadtvierteln, in denen von den Anden kommende Indios ein Stück Land besetzen und sich ohne Strom, Wasser oder Kanalisation niederlassen. Es sind Familien, die um ein würdiges Leben kämpfen, ihre Dörfer verlassen haben, um sich und ihren Kindern in der Stadt ein besseres Leben zu ermöglichen. Es gibt viel Solidarität und Hilfsbereitschaft unter Nachbarn, aber auch Schwierigkeiten aufgrund von Alkohol, sexueller Gewalt oder des Zusammenbruchs von Familienstrukturen.

  In Mosambik arbeiten wir in der Ausbildung von Jugendlichen, die einmal mithelfen möchten, das Land voranzubringen. Es braucht Schulen für deren Berufsausbildung und Internate für deren Unterbringung während des Schuljahres, da sie von weit entlegenen Dörfern kommen. Diese jungen Menschen und die christlichen Gemeinden zu begleiten, ist ebenfalls Teil unserer Berufung.

  Wir arbeiten auch in Brasilien. Wir beteiligen uns im Kampf gegen die mächtigen Minenbesitzer, die die Bewohner vertreiben, die Flüsse oder die Luft vergiften, die Kommunikation unterbrechen durch kilometerlange Züge, mit denen die Mineralien weggeführt werden, ohne sich um die Umwelt oder das Wohl der Menschen zu kümmern.

  In Europa beteiligen wir uns an der Aufnahme von Migranten. Wir versuchen zurückzugeben, was wir einmal als Ausländer erhalten hatten. Wir sind verpflichtet, jene aufzunehmen, die vor Not oder Kriegen fliehen, für ihre Familien eine bessere Zukunft suchen, bei ihrer Ankunft aber nicht nur vor hohen Mauern aus Beton und Draht stehen, sondern auch vor Mauern der Angst und von Missverständnissen von Seiten der Bevölkerung. Wir bauen Brücken zu einer Bevölkerung, die sich weiterhin gastfreundlich und solidarisch zeigt, in sozialen und kirchlichen Organisationen präsent ist, sich mobilisiert, um ihre neuen Nachbarn willkommen zu heißen und zu integrieren. Wir heißen sie willkommen bei ihrer Ankunft, bieten ihnen Sprachkurse an, vermitteln ihnen Arbeit und Wohnung, begleiten sie zu den Behörden, erkennen ihre Würde, ihre Kultur und den Reichtum an, den ihre Präsenz für unsere neue Gesellschaft bedeutet, und versuchen, sie einer Welt zu vermitteln, die sie oft nicht versteht.

  Wenn Gesellschaft und Menschen versagen, dann wissen wir nicht mehr, was mit diesen Leuten anfangen. Sie in Gefängnisse zu stecken ist keine Lösung, denn solche Orte werden zu Brutstätten von Kriminalität und dienen deshalb nicht der erhofften Rehabilitation. Die in Brasilien entstandenen APAC breiten sich langsam aus. Es ist eine Art Absonderungssystem, in dem der Angekommene als Genesender und nicht als Häftling betrachtet wird. Er wird beim eigenen Namen gerufen und wird nicht als Nummer betrachtet. Er ist selbst für sein Leben verantwortlich. Es wird ihm geholfen, seine Fehler einzusehen, um Vergebung zu bitten und sich als aktives Mitglied wieder in die Gesellschaft einzuordnen. Die Gemeinschaft sucht ihren Beitrag zu leisten und ihre Söhne und Töchter zurückzuholen, die Fehler begangen haben. Sie haben ihren eigenen Türschlüssel und gemeinsam entdecken sie die Würde der Kinder Gottes, die Reue und ihren Wert als Personen für die Gesellschaft.

   Unsere Lebensweise in den reicheren Ländern saugt den erschöpften Planeten aus. Der internationale Handel macht viele arm und hilft nur wenigen… Sich für einen neuen Lebensstil einsetzen, ist unerlässlich, um die Paradigmen und Werte zu ändern, die allein das soziale Wohl und das Glück fördern können. Eine Gesellschaft, in der Besitz und Konsum über dem Sein stehen, braucht neue Lebensstile. Auf diesem Gebiet arbeiten wir in Europa mit. Wir schlagen neue Lebensstile vor, neue Arten von Einsätzen und treten für ein entsprechendes Verhalten in Konsum und Wirtschaft ein.

  Wir könnten uns auch um die Schulbildung von Jugendlichen am Rande unserer Städte bemühen, den Kranken beistehen und ihnen das barmherzige Antlitz und die Hand Gottes zeigen, Obdachlosen und Drogenabhängigen beistehen…

  Als Missionare müssen wir alle auf die Realität der globalisierten Welt aufmerksam machen, die gemeinsames Handeln und eine neue Positionierung erfordert. Unsere Aktionen, unsere kleinen Sandkörner bilden Berge, die wir besteigen können, um eine bessere Welt zu sehen und zu erträumen, zusammen mit den Leuten, mit denen wir den Alltag verbringen, die keinen Horizont und keinen Ausweg aus ihren Schwierigkeiten sehen. Wir wollen unseren Blick erheben, nach vorne schauen, um diesen Gruppen Mut einzuflößen und sie zu begleiten. Unser Platz ist dort, wo niemand hingehen will.

  Wir sind aufgerufen, uns gemeinsam den globalen Problemen zu stellen, uns zusammenzuschließen, Solidarnetze für die Menschen aufzubauen, die das gemeinsame Haus bewohnen, das jeden Tag kleiner zu werden scheint. In die Mitte wollen wir Jesus stellen, der unser Leben verändert hat. Gott ist für alle da. Wir fühlen uns verantwortlich, die Gute Nachricht zu verbreiten; Gott als den Lebendigen darzustellen, der unter uns wohnt, uns begleitet und uns nie verlässt. In jedem Menschen, im Bedürftigsten, in der Gemeinschaft wartet Gott auf uns, um unser Leben umzugestalten und uns glücklich zu machen. Gott wartet darauf, uns lebendiges Wasser zu reichen, das den Durst der Menschen stillt.

Der Herr stärke uns mit seiner Gegenwart, damit wir den Menschen beistehen und sie begleiten bis sie ihm begegnen.

LMC

Alberto de la Portilla, CLM

CLM-Fest im Missionsförderhaus Nürnberg

CLM Germany
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To t Ein Jahr nach dem General Assembly der Comboni-Laien-Missionare im Rom und dem Gruß des Papstes an die CLM auf dem Petersplatz feiern international am dritten Adventswochenende Laien und Comboni-Familie die Bewegung, in der sich Freiwillige aus dem globalen Süden und Norden zusammenschließen, um sich gemeinsam, lebenslang, missionaisch inspirieren zu lassen und den Geist Daniel Combonis in die Welt zu tragen.

Am Samstag des dritten Advent lud die Gruppe alle Mitglieder der Comboni-Familie und Freunde der MaZ/CLM ins Missionshaus Nürnberg ein. Auf dem Programm standen ein World-Cafe zu Aussagen des Papst Franziskus zu Mission heute, in schrumpfenden Gemeinden, in einem postkolonialen Europa und in Zeiten des Klimawandels. Die Ankommenden hatten Gelegenheit zu ausgewählten Statements an mehreren Tischen schriftlich Stellung zu nehmen. Im Vordergrund stand das Ankommen und der Austausch.

Danach wurde als Einstimmung ein kurzes Video vom Papst-Gruß in Rom im Dezember 2018 gezeigt (zusammengestellt von Christina aus Brasilien) sowie der Gruß des Generalkomitees der Comboni-Laien-Missionare verlesen. Darin ging es um die Lesung des dritten Advent und die Freude mit der das Evangelium verkündet werden soll sowie das Zusammenwachsen der CLM national und international. Dazu wurde das neue, internationale Logo der Comboni Laien Missionare vorgestellt. Dieses war im letzten Jahr in einem kooperativen Prozess entstanden und aus mehreren Vorschlägen ausgewählt worden.

Logo LMC

Der gemeinsame Wortgottesdienst wurde eingeleitet von einem “Suchauftrag”. Die Anwesenden wurden eingeladen während eines Spaziergangs verschiedene Gegenstände zu sammeln, aus denen danach gemeinsam eine Krippe gestaltet werden sollte. So wurden Gegenward und Vergangenheit ebenso zusammengebracht wie Aspekte der globaler Verflechtungen und Ungerechtigkeit,

Umweltverschmutzung und Mission heute. Eingeschlossen in den Worgottesdienst wurden die beiden MaZ-im-Einsatz, die zurückgekehren MaZler*innen, die CLM international sowie die zahlreichen Comboni-Freunde, die sich auf die Einladung hin zurückgemeldet hatten aber leider nicht dabei sein konnten.

CLM Germany

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