Comboni Lainmissionare

Wir feiern unsere Talente und Erfahrungen als CLM (Teil 3)

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Statt des regelmäßigen Treffen der europäischen CLM in Polen, kamen wir zu einem digitalen Treffen zusammen. Der Titel “Wir feiern unsere Talente und Erfahrungen als CLM” sollte ein vielfältiges Programm und diverse Workshops ermöglichen. Sowohl Inhalte als auch Umsetzung der Workshops spiegelten die Vielfalt der CLM-Lebensweisen und Berufungen wider.

Der letzte Workshop am Tag der Talente und Erfahrungen der CLM wurde von den CLM aus Italien durchgeführt. Die italienischen CLM stellten eine Auswahl ihrer Projekte vor, die sie in verschiedenen Teilen des Landes entwickelt haben.

Die CLM-Gruppe in der Gemeinde La Zattera in Palermo bildet eine offene Wohngemeinschaft mit der Möglichkeit zur Aufnahme von Migranten. La Zattera ist ein Haus und Ort um gemeinsam Leben zu organisieren, sich auszuruhen und sich in die neue Gesellschaft zu integrieren.

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Die Projekte der CLM-Gruppen in Venegono die Projekte bieten Unterkünfte für verschiedene Flüchtlingsgruppen – von der Erstaufnahme bis zur letzten Anlaufstelle auf dem Weg in ein eigenständiges Leben in Europa.

Sie erläuterten  und betonten auch die Sensibilisierungsarbeit in den Schulen. Die Realität der Welt wird Kindern und Jugendlichen durch Bildungsaktionen nahegebracht, die an verschiedene Altersgruppen angepasst sind, manchmal mit dem Zeugnis von afrikanischen Migranten oder auch mit Besprechung eines Buches, das dazu beiträgt, die Realität einer sich wandelnden Gesellschaft und die Rolle jedes Einzelnen in dieser Gesellschaft, insbesondere der Jüngsten, besser zu verstehen und anzunehmen.

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Aus seiner besonderen Lebensform erzählt Simone von seinem Leben als CLM in einer Hausgemeinschaft der Comboni-Missionare in Castel Voturno. Das Zusammenleben mit den Ordensbrüdern hat sich nach seinem Auslandsaufenthalt mit der Zeit so ergeben und ermöglicht ihm Projekte der Comboni Familie zu begleiten. In seiner Arbeit im Projekt „Black and White“ geht es um Bildungs- und Freizeit-Angebote für Kinder von Migrant:innen, die obwohl sie in Italien geboren sind, nicht das Recht auf die italienische Staatsbürgerschaft haben, aber zugleich keinen Bezug mehr zur Heimat ihrer Eltern haben, weil sie selbst dort nie waren.

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Den Abschluss dieses intensiven Tages hatten einige spanische CLM vorbereitet. Ein einfaches Gebet in verschiedenen Sprachen, in dem wir dem Herrn alles, was wir geteilt haben, zu Füßen legen konnten sowie die Bedürfnisse all derer, denen wir dienen, und unsere Bereitschaft, den Weg unsere Berufung weiterzugehen. Mit dem Vaterunser in jeder unserer Sprachen schlossen wir diesen schönen Tag des Austauschs.

Unter die über dreißig zuhörenden CLM aus allen europäischen Provinzen, gesellten sich am Abend des Workshop-Tages auch einige CLM aus dem Globalen Süden. Einige andere konnten (u.a. wegen schlechter Internetverbindungen) nicht live teilnehmen, aber schlossen uns in ihr Gebet ein (wie sie in der gemeinsamen Whatsapp-Gruppe schrieben). Neue Ideen von anderen Initiativen haben uns gegenseitig ermutigt, weil wir an einer gemeinsamen Sache zusammen in der Bewegung der Comboni Laien Missionare verbunden und zusammen sind.

Wenn Sie auch von den Projekten der CLM aus Deutschland, Polen, Portugal und Spanien mehr wissen wollen, lesen Sie Teil 1 und 2 dieses Berichts.

Text: Alberto de la Portilla. Übertragung: Christoph Koch

Wir feiern unsere Talente und Erfahrungen als CLM (Teil 2)

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Statt des regelmäßigen Treffen der europäischen CLM in Polen, kamen wir zu einem digitalen Treffen zusammen. Der Titel “Wir feiern unsere Talente und Erfahrungen als CLM” sollte ein vielfältiges Programm und diverse Workshops ermöglichen. Sowohl Inhalte als auch Umsetzung der Workshops spiegelten die Vielfalt der CLM-Lebensweisen und Berufungen wider.

Der CLM-Workshop-Tag ging nach einer südeuropäisch langen, wohlverdienten Mittagspause am Nachmittag vielfältig weiter. Die portugiesischen CLM berichteten von einem Projekt in einer Gemeinde namens Fetais. Die CLM-Gruppe in Portugal beschloss im vergangenen Jahr eine Gemeinschaft in den Außenbezirken von Lissabon zu gründen. In einem Viertel mit großer Vielfalt, Migrant:innen aus den ehemaligen portugiesischen Kolonien in Afrika, aber auch Lateinamerikaner:innen und Menschen aus Asien leben sowie Sinti und Roma.

All diese große Vielfalt macht das Leben dort zu einer ganz besonderen Erfahrung. Zweifellos ein Schmelztiegel der Kulturen, der viel Reichtum mit sich bringt, aber manchmal auch viele Herausforderungen, die mit der Ausgrenzung zusammenhängen. Diese Erfahrung gab Anlass zu einer Debatte über die Rechte von Migrant:innen in der Europäischen Union, über die gemeinsame Politik, die die Einwanderung nicht erleichtert, und darüber, wie die ungleichen Anforderungen des einen oder anderen Landes dazu führen können, dass Menschen je nach der lokalen Gesetzgebung benachteiligt werden.

Im Workshop der spanischen CLM ging es um die Bedeutung der politischen Lobbyarbeit für unser missionarisches Handeln in Europa. In einer ausführlichen Präsentation wurden Zitate aus den päpstlichen Enzykliken und Konzepte der JPIC-Bewegung erläutert, die sich für Gerechtigkeit, Frieden und die Bewahrung der Schöpfung einsetzt. Papst Franziskus ruft dazu auf, dass wir uns klar positionieren und ermutigt uns als Laien zu politischer Verantwortung: angefangen bei der Sensibilisierung der Menschen für Fragen der Gerechtigkeit, über Beispiele einer Gemeinwohl-Ökonomie bis hin zur politischen Einflussnahme auf Sorge um unseren Planeten und unsere Mitmenschen.

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Die Präsentation wurde von einem Beitrag von Schwester Benjamine begleitet und ergänzt. Sie sprach eindrücklich über die Arbeit von Talita Kum gegen Menschenhandel. Bruder Simone sprach über die Arbeit von VIVAT International und den Druck, den sie auf die UNO und Genf auszuüben versuchen, um die globale Politik zu ändern. Und Pater Lorenzo erzählte vom Kampf des Netzwerks Kirche und Bergbau gegen missbräuchliche Bergbauaktivitäten in Lateinamerika. Sie alle unterstrichen die Verantwortung und die Notwendigkeit der Arbeit in diesem Sektor, die wir in Europa haben.

Die beiden Workshops der CLM aus Portugal und Spanien betonten nochmals die politische Brisanz aber auch Aktualität der Themen Migration, Diversität, globale Ungerechtigkeit, Menschenrechte und Umweltschutz. Die „externen Beiträge“ verorteten die Themen die uns CLM beschäftigen nochmals in internationalen Netzwerken. Dadurch stärkte der gemeinsame Workshop-Tag Wissen aber auch Engagement für eine andere, bessere, friedlichere Welt. Wie vielfältig dies umgesetzt werden kann, zeigen die Beispiele der CLM-Gruppen in Italien, im Teil 3 dieses Berichts…

Text: Alberto de la Portilla. Übertragung: Christoph Koch

Wir feiern unsere Talente und Erfahrungen als CLM (Teil 1)

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Unter diesem weitschichtigen Titel veranstalteten die europäischen CLM am vergangenen Samstag einen gemeinsamen, vielfältigen Workshop-Tag mit diversen Einzelworkshops. Sowohl Inhalte als auch Umsetzung der Workshops spiegelten die Vielfalt der CLM-Lebensweisen und Berufungen wider.

Zunächst einmal möchten wir dem europäischen Komitee für die mehrmonatige Organisation dieses Treffens danken. Es war nicht einfach, aber am Ende hat es sehr gut funktioniert, und die Simultanübersetzungen haben es CLM aus verschiedenen Ländern ermöglicht, teilzunehmen und von allem, was ausgetauscht wurde, zu profitieren. In einem gemeinsamen Mural wurden die Aktivitäten und Diskussionsbeiträge des Tages online gesammelt.

Die Idee des Treffens war es, eine Vielfalt von Inhalten und Erfahrungen anzubieten, die den Interessen, Aktivitäten und Verpflichtungen sowie den Berufen und Berufungen entsprechen, die wir als CLM in Europa oder von Europa aus entwickeln.

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Das Treffen begann mit dem Beitrag der CLM aus Deutschland, die über ein mehrjähriges Projekt zum Thema Frieden berichteten. Es begannen mit der Unterstützung von Comboni-Projekten für die Entwicklung des Friedens im Sudan. Bei der Beschäftigung mit Projekt und Situation im Südsudan wurden die unterschiedlichen Perspektiven auf Frieden und Post-Konflikt-Situationen sichtbar. Gemeinsam hat die CLM-Gruppe verschiedene Konzepte zur Friedensbildung global und lokal recherchiert und daraus Plakate mit Anregungen zur Umsetzung einer friedlicheren Welt zusammengestellt. Derzeit werden diese übersetzt.

Im Anschluss daran ermutigten uns die CLM aus Polen, darüber nachzudenken, wie wir das Bewusstsein für unsere Arbeit schärfen und wie wir Mittel dafür aufbringen oder sammeln können. Sie betonten, wie wichtig es ist, Mitstreiter einzubeziehen und eine Verbindung herzustellen, die es uns ermöglicht, die Arbeit weiterzuverfolgen und zu unterstützen (z.B. über Freundesbriefe wie es die MaZler auch schon machen). Es wurden verschiedene Initiativen und Möglichkeiten vorgestellt. Anschließend wurden Initiativen aus anderen CLM Gruppen und Ländern vorgestellt, die bereits Früchte tragen.

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Im nächsten Workshop ging um Mission als Familie. Es war eine bereichernde Zeit, in der wir aus Erfahrung erzählten und reflektieren, was es bedeutet, als Familie in der Mission zu sein und wo das möglich ist (bzw. dass es auch Orte und Zeiten gibt, die sich für einen Einsatz als missionarische Familie weniger eignen).

Eine Herausforderung aber auch ein Missverständnis ist, scheinbar nicht alle Zeit allein für Missionsaktivitäten zu haben. Allerdings zeigen die Erfahrung der CLM, dass es bei Mission um ein Lebenszeugnis im Alltag geht und damit eben auch in einer zeitlich begrenzten Wirklichkeit – aber dafür von Familie-zu-Familie manchmal leichter verständlich. Auch für Kinder und Jugendliche ist ein CLM-Einsatz eine Bereicherung.

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Die Familiensituation verdeutlicht unsere Rollen als Laien und Christen.

Schon dieser Vormittag war sehr intensiv und der Austausch über unser unterschiedlichen Erfahrungen als CLM-Gruppen aber auch die diversen Talente als Comboni Laien Missionare eine Bereicherung.

Wie es am Nachmittag weiter ging, lesen Sie in Teil 2 …

Text: Alberto de la Portilla. Übertragung: Christoph Koch  

Wirtschaft – Land der Mission (Konferenz)

Albanese

Am 20. Jahrestag des Terroranschlags auf die Zwillingstürme in New York spricht der Comboni-Missionar und Journalist P. Giulio Albanese MCCJ zu dem Thema der zivilen Wirtschaft in dem Webinar “Wirtschaft, Land der Mission”, das vom Leitungsteam der Europäischen Comboni-Laienmissionare organisiert wurde. P. Albanese geht den Mechanismen des “Schattenbankensystems” nach, die zu den Hauptverantwortlichen für die zunehmend unüberwindliche Kluft zwischen dem Norden und dem Süden der Welt gehören, und die durch die Covid-19-Pandemie noch verschärft wurde.

Wir entschuldigen uns für die technischen Probleme, die bei einer Live-Übertragung in mehrere Länder und unterschiedlichen Internetverbindungsgeschwindigkeiten aufgetreten sind.

Botschaft Von Papst Franziskus. Welttag Der Armen

pan

„Streck dem Armen deine Hand entgegen“ (vgl. Sir 7,32)

pan

„Streck dem Armen deine Hand entgegen“ (vgl. Sir 7,32). Die altehrwürdige Weisheit hat diese Worte gleichsam als einen heiligen Verhaltenskodex für das Leben aufgestellt. Sie erklingen heute mit ihrer ganzen Bedeutungsschwere, um auch uns zu helfen, den Blick auf das Wesentliche zu konzentrieren und die Schranken der Gleichgültigkeit zu überwinden. Die Armut tritt immer in verschiedenen Formen auf, die für jede besondere Situation Aufmerksamkeit verlangen: In jeder von ihnen können wir dem Herrn Jesus begegnen, der offenbart hat, in seinen geringsten Brüdern anwesend zu sein (vgl. Mt 25,40).

1. Nehmen wir das Buch Jesus Sirach aus dem Alten Testament zur Hand. Hier finden wir die Worte eines Weisheitslehrers, der circa zweihundert Jahre vor Christus gelebt hat. Er suchte nach der Weisheit, die die Menschen besser macht und befähigt, die Begebenheiten des Lebens tiefer zu ergründen. Er tat dies in einer Zeit harter Prüfung für das Volk Israel, einer Zeit des Schmerzes, der Trauer und des Elends aufgrund der Herrschaft fremder Mächte. Als Mann großen Glaubens, der in der Tradition der Väter verwurzelt ist, war sein erster Gedanke, sich an Gott zu wenden, um ihn um die Gabe der Weisheit zu bitten. Und der Herr ließ es ihm an seiner Hilfe nicht fehlen.

Von den ersten Seiten des Buches an legt Jesus Sirach seine Ratschläge zu vielen konkreten Lebenssituationen dar, darunter auch die Armut. Er besteht darauf, dass man in der Not Gottvertrauen haben muss: »Überstürze nichts zur Zeit der Bedrängnis! Binde dich an den Herrn und lass nicht von ihm, damit du am Ende erhöht wirst! Nimm alles an, was über dich kommen mag, und in den Wechselfällen deiner Erniedrigung halt aus! Denn im Feuer wird Gold geprüft und die anerkannten Menschen im Schmelzofen der Erniedrigung. In Krankheiten und Armut setze auf ihn dein Vertrauen! Vertrau ihm und er wird sich deiner annehmen! Richte deine Wege aus und hoffe auf ihn! Die ihr den Herrn fürchtet, wartet auf sein Erbarmen! Weicht nicht ab, damit ihr nicht zu Fall kommt!« (2,2-7).

2. Seite für Seite entdecken wir ein kostbares Kompendium von Empfehlungen für ein Handeln im Licht einer engen Beziehung zu Gott, dem Schöpfer, der die Schöpfung liebt, der gegenüber all seinen Kindern gerecht ist und für sie sorgt. Der beständige Bezug auf Gott lenkt jedoch nicht davon ab, auf den konkreten Menschen zu schauen, vielmehr sind die beiden Dinge eng miteinander verbunden.

Die Stelle, der der Titel dieser Botschaft entnommen ist (vgl. 7,29-36), zeigt dies deutlich. Das Gebet zu Gott und die Solidarität mit den Armen und Leidenden können nicht voneinander getrennt werden. Um einen dem Herrn wohlgefälligen Gottesdienst zu feiern, ist es notwendig anzuerkennen, dass jeder Mensch, mag er noch so bedürftig und verachtet sein, Gottes Abbild in sich trägt. Aus dieser Aufmerksamkeit erwächst die Gabe des göttlichen Segens, der von der gegenüber dem Armen geübten Großzügigkeit angezogen wird. Daher kann die dem Gebet gewidmete Zeit niemals zum Vorwand werden, um den Nächsten in seiner Not zu vernachlässigen. Das Gegenteil ist wahr: Der Segen des Herrn kommt auf uns herab, und das Gebet erreicht seinen Zweck, wenn diese vom Dienst an den Armen begleitet werden.

3. Wie aktuell ist diese alte Lehre auch für uns! Das Wort Gottes überschreitet nämlich Raum, Zeit, Religionen und Kulturen. Die Großzügigkeit, die den Armen unterstützt, den Betrübten tröstet, die Leiden lindert, gibt dem die Würde zurück, der ihrer beraubt ist, sie ist Bedingung für ein ganz und gar menschliches Leben. Die Entscheidung, den Armen Aufmerksamkeit zu widmen wie auch ihren vielen verschiedenen Bedürfnissen, darf nicht von der verfügbaren Zeit oder von privaten Interessen abhängen noch von blutleeren Pastoral- oder Sozialprojekten. Man darf die Kraft der Gnade Gottes nicht durch die narzisstische Neigung ersticken, sich selbst immer an die erste Stelle setzen zu wollen.

Den Blick auf den Armen gerichtet zu halten ist schwierig, aber notwendiger denn je, um unserem persönlichen und sozialen Leben die rechte Richtung zu verleihen. Es geht nicht darum, viele Worten zu machen, sondern vielmehr, von der göttlichen Liebe angetrieben, sein Leben konkret einzubringen. Jedes Jahr komme ich mit dem Welttag der Armen auf diese für das Leben der Kirche grundlegende Wirklichkeit zurück, da die Armen immer bei uns sind und sein werden (vgl. Joh 12,8), um uns zu helfen, die Gegenwart Christi im täglichen Leben zu erfassen.

4. Die Begegnung mit einem Menschen in Armut fordert uns stets heraus und stellt Fragen an uns. Wie können wir dazu beitragen, seine Ausgrenzung und sein Leiden zu beseitigen oder zumindest zu erleichtern? Wie können wir ihm in seiner geistlichen Armut helfen? Die christliche Gemeinschaft ist aufgerufen, sich in diese Erfahrung des Teilens einzubringen, und dies in dem Bewusstsein, dass es ihr nicht erlaubt ist, diese Aufgabe an andere zu delegieren. Um den Armen eine Stütze zu sein ist es zudem wesentlich, die evangeliumsgemäße Armut selbst zu leben. Wir können nicht mit ruhigem Gewissen zuschauen, wenn ein Mitglied der menschlichen Familie ins Abseits gestellt wird und zum Schatten wird. Der leise Schrei der vielen Armen muss immer und überall das Volk Gottes an vorderster Front antreffen, damit es ihnen eine Stimme verleiht, sie verteidigt und sich mit ihnen angesichts so vieler Scheinheiligkeit und nicht erfüllter Versprechen solidarisiert und sie am Leben der Gemeinschaft teilhaben lässt.

Es stimmt, die Kirche kann keine Gesamtlösungen vorschlagen, aber mit der Gnade Christi bietet sie ihr Zeugnis und Gesten des Teilens an. Sie fühlt sich darüber hinaus verpflichtet, die Anliegen derer vorzutragen, denen das Lebensnotwendige fehlt. Allen den hohen Wert des Gemeinwohls in Erinnerung zu rufen ist für das christliche Volk eine lebenslange Verpflichtung; sie wird in dem Bemühen umgesetzt, niemanden von denen zu vergessen, deren Menschsein in seinen Grundbedürfnissen missachtet wird.

5. Die Hand entgegenzustrecken lässt vor allem den, der es tut, entdecken, dass wir fähig sind, Dinge zu vollbringen, die dem Leben Sinn verleihen. Wie viele entgegengestreckte Hände sieht man jeden Tag! Leider geschieht es immer öfter, dass die Eile in einen Strudel der Gleichgültigkeit hineinzieht, sodass man das viele Gute, das täglich in Stille und in großer Freigebigkeit vollbracht wird, nicht mehr zu erkennen vermag. So kommt es vor, dass nur bei Ereignissen, die den Lauf unseres Lebens durcheinanderbringen, die Augen fähig werden, die Güte der „Heiligen von nebenan“ zu bemerken, »derer, die in unserer Nähe wohnen und die ein Widerschein der Gegenwart Gottes sind« (Apostolisches Schreiben Gaudete et exsultate, 7), von denen aber niemand spricht. Die schlechten Nachrichten füllen die Seiten der Zeitungen, die Internetseiten und die Fernsehbildschirme im Übermaß, so dass man denkt, das Böse herrsche uneingeschränkt. Dem ist nicht so. Gewiss fehlt es nicht an Bosheit und Gewalt, an Übergriffen und Korruption, doch das Leben besteht aus einem Geflecht von Taten des Respekts und der Großzügigkeit, die nicht nur das Böse ausgleichen, sondern dazu antreiben, darüber hinaus zu gehen und voller Hoffnung zu sein.

6. Die Hand entgegenzustrecken ist ein Zeichen: ein Zeichen, das unmittelbar auf die Nähe, die Solidarität, die Liebe hinweist. Wie viele entgegengestreckte Hände haben wir in diesen Monaten erblicken können, in denen die ganze Welt von einem Virus gleichsam übermannt wurde, das Schmerz und Tod, Verzagtheit und Verwirrung gebracht hat. Die entgegengestreckte Hand des Arztes, der sich um jeden Patienten kümmert und nach dem richtigen Heilmittel sucht. Die entgegengestreckte Hand der Krankenschwester oder des Krankenpflegers, die weit über ihre Arbeitszeiten hinaus dableiben, um die Kranken zu versorgen. Die entgegengestreckte Hand dessen, der in der Verwaltung arbeitet und die Mittel beschafft, um so viele Leben wie möglich zu retten. Die entgegengestreckte Hand des Apothekers, der in einem mit Risiko verbundenem Umgang mit den Menschen vielen Anfragen ausgesetzt ist. Die entgegengestreckte Hand des Priesters, der mit qualerfülltem Herzen segnet. Die entgegengestreckte Hand des Freiwilligen, der denen beisteht, die auf der Straße leben, wie auch denen, die zwar ein Zuhause, aber nichts zu essen haben. Die entgegengestreckte Hand der Männer und Frauen, die arbeiten, um wesentliche Dienste und Sicherheit zu bieten. Und wir könnten noch weitere entgegengestreckte Hände bis zur Zusammenstellung einer Litanei der guten Werke anführen. All diese Hände haben der Ansteckung und der Angst die Stirn geboten, um Unterstützung und Trost zu geben.

7. Diese Pandemie kam unerwartet und hat uns unvorbereitet überrascht, während sie ein großes Gefühl der Verunsicherung und Ohnmacht hinterließ. Die dem Armen entgegengestreckte Hand hingegen kam nicht plötzlich. Sie zeugt vielmehr davon, wie man sich darauf vorbereitet, den Armen zu erkennen, um ihn in der Zeit der Not zu unterstützen. Die Werkzeuge der Barmherzigkeit werden nicht improvisiert. Es braucht ein tägliches Training, das bei dem Bewusstsein beginnt, dass wir als Erste einer Hand bedürfen, die uns entgegengestreckt wird.

Die Zeit, die wir gerade erleben, hat viele Gewissheiten in eine Krise gestürzt. Wir fühlen uns ärmer und schwächer, weil wir Grenzgefühl und Freiheitseinschränkung erfahren haben. Der Verlust der Arbeit und inniger Zuneigung wie auch das Fehlen gewohnter zwischenmenschlicher Beziehungen haben mit einem Schlag Horizonte aufgetan, die wir für gewöhnlich nicht mehr bemerkten. Unsere spirituellen und materiellen Reichtümer wurden zur Diskussion gestellt, und wir haben entdeckt, dass wir Angst haben. In die Stille unserer Häuser eingeschlossen, haben wir neu entdeckt, wie wichtig die Einfachheit ist und dass wir den Blick auf das Wesentliche richten. Wir haben das Bedürfnis nach einer neuen Geschwisterlichkeit vertieft, die zu wechselseitiger Hilfe und gegenseitiger Achtung fähig ist. Es ist dies eine günstige Zeit, um »wieder [zu] spüren, dass wir einander brauchen, dass wir eine Verantwortung für die anderen und für die Welt haben […]. Wir haben schon sehr viel Zeit moralischen Verfalls verstreichen lassen, indem wir die Ethik, die Güte, den Glauben und die Ehrlichkeit bespöttelt haben […]. Diese Zerstörung jeder Grundlage des Gesellschaftslebens bringt uns schließlich um der Wahrung der jeweils eigenen Interessen willen gegeneinander auf, lässt neue Formen von Gewalt und Grausamkeit aufkommen und verhindert die Entwicklung einer wahren Kultur des Umweltschutzes« (Enzyklika Laudato si’, 229). Kurz und gut, die großen Wirtschafts-, Finanz- und politischen Krisen werden nicht aufhören, solange wir zulassen, dass die Verantwortung, der sich ein jeder gegenüber dem Nächsten und allen Menschen bewusst sein muss, in einer Art Winterschlaf verharrt.

8. „Streck dem Armen deine Hand entgegen“ ist also eine Einladung zur Verantwortung im Sinne eines direkten Einsatzes dessen, der sich bewusst ist, dass er am gleichen Los teilhat. Es ist eine Aufforderung, die Last der Schwächeren zu tragen, wie uns der heilige Paulus in Erinnerung ruft: »Dient einander in Liebe! Denn das ganze Gesetz ist in dem einen Wort erfüllt: Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst! […] Einer trage des anderen Last« (Gal 5,13-14; 6,2). Der Apostel lehrt uns, dass die uns durch Jesu Christi Tod und Auferstehung geschenkte Freiheit für einen jeden von uns die Verantwortung bedeutet, sich in den Dienst der anderen zu stellen, vor allem der Schwächsten. Es handelt sich nicht um einen fakultativen Aufruf, sondern um eine Bedingung der Authentizität des Glaubens, den wir bekennen.

Das Buch Jesus Sirach kommt uns hier wieder zu Hilfe. Es schlägt konkrete Taten zur Unterstützung der Schwächsten vor und gebraucht dabei auch einige suggestive Bilder. Zuerst zieht es die Schwachheit der Trauernden in Betracht: »Entzieh dich nicht den Weinenden« (7,34). Die Zeit der Pandemie hat uns eine Zwangsisolation auferlegt; dadurch war es uns sogar verwehrt, Freunden und Bekannten, die über den Verlust eines lieben Menschen trauerten, Trost zu spenden und nahe zu sein. Der biblische Autor sagt weiter: »Zögere nicht, einen Kranken zu besuchen« (7,35). Wir mussten die Erfahrung machen, dass wir den Leidenden nicht zur Seite stehen konnten, und gleichzeitig wurde uns die Zerbrechlichkeit unseres Daseins bewusst. Das Wort Gottes also lässt uns nie in Ruhe und regt uns weiter zum Guten an.

9. „Streck dem Armen deine Hand entgegen“ hebt im Kontrast dazu die Haltung derer hervor, die die Hände eingesteckt und sich nicht von der Armut berühren lassen, an der sie oft auch mitschuldig sind. Gleichgültigkeit und Zynismus sind ihr täglich Brot. Was für ein Unterschied zu den großzügigen Händen, die wir zuvor beschrieben haben! Denn es gibt ausgestreckte Hände, die schnell über eine Computertastatur bewegen und Geldbeträge von einem Teil der Welt in einen anderen verschieben und damit den Reichtum begrenzter Oligarchien wie auch das Elend von Massen oder den Konkurs ganzer Nationen bestimmen. Es gibt ausgestreckte Hände, die Geld anhäufen mit dem Verkauf von Waffen, die andere Hände – auch von Kindern – dann verwenden, um Tod und Armut zu säen. Es gibt ausgestreckte Hände, die heimlich tödliche Dosen reichen, um sich zu bereichern und in Luxus und in vergänglichen Ausschweifungen zu leben. Es gibt ausgestreckte Hände, die für einen einfachen, korrupten Gewinn unter der Hand gesetzwidrige Gefälligkeiten erbringen. Und es gibt viele ausgestreckte Hände, die in Scheinheiligkeit Gesetze festlegen, die sie selbst nicht einhalten.

Mit dieser Aussicht »warten die Ausgeschlossenen weiter. Um einen Lebensstil vertreten zu können, der die anderen ausschließt, oder um sich für dieses egoistische Ideal begeistern zu können, hat sich eine Globalisierung der Gleichgültigkeit entwickelt. Fast ohne es zu merken, werden wir unfähig, Mitleid zu empfinden gegenüber dem schmerzvollen Aufschrei der anderen, wir weinen nicht mehr angesichts des Dramas der anderen, noch sind wir daran interessiert, uns um sie zu kümmern, als sei all das eine uns fernliegende Verantwortung, die uns nichts angeht« (Apostolisches Schreiben Evangelii gaudium, 54). Wir dürfen uns nicht zufriedengeben, solange diese Hände, die Tod säen, nicht zu Werkzeugen der Gerechtigkeit und des Friedens für die ganze Welt geworden sind.

10. »Bei all deinen Worten bedenke dein Ende« (Sir 7,36). Mit dieser Aussage beschließt Jesus Sirach seine Überlegungen. Der Text erlaubt eine zweifache Interpretation. Die erste hebt hervor, dass wir immer das Ende unseres Daseins berücksichtigen müssen. An das gemeinsame Los zu denken kann eine Hilfe sein für ein Leben im Zeichen der Achtsamkeit gegenüber dem, der ärmer ist und nicht die gleichen Möglichkeiten hatte wie wir. Es gibt ebenso eine zweite Deutung, die vielmehr das Ziel, den Zweck unterstreicht, zu dem jeder unterwegs ist. Es geht um das Ziel unseres Lebens, das einen Plan erfordert, den man verwirklichen soll, und einen Weg, den man ohne müde zu werden gehen muss. Das Ziel jeder unserer Handlungen kann nur die Liebe sein. Dies ist der Zweck, warum wir uns auf den Weg gemacht haben, und nichts darf uns davon abbringen. Diese Liebe heißt Teilen, Hingabe und Dienst, beginnt aber bei der Entdeckung, dass wir als Erste geliebt sind und wieder zur Liebe gerufen sind. Dieses Ziel erscheint in dem Moment, da das Kind dem Lächeln seiner Mutter begegnet und sich geliebt weiß aufgrund der Tatsache selbst, dass es existiert. Auch ein Lächeln, das wir mit einem Armen teilen, ist eine Quelle von Liebe und ermöglicht es, in Freude zu leben. Die entgegengestreckte Hand also kann immer durch das Lächeln dessen bereichert werden, der seine Gegenwart und dargebotene Hilfe nicht betont, sondern sich einfach freut, nach dem Stil des Jüngers Christi zu leben.  

Auf diesem Weg, täglich den Armen zu begegnen, begleite uns die Mutter Gottes, die mehr als jede andere die Mutter der Armen ist. Die Jungfrau Maria kennt aus nächster Nähe die Schwierigkeiten und Leiden der Ausgegrenzten, denn sie selbst musste den Sohn Gottes in einem Stall zur Welt bringen. Wegen der Bedrohung durch Herodes floh sie mit Josef, ihrem Bräutigam, und dem kleinen Jesuskind in ein anderes Land, und das Leben als Flüchtlinge prägte für einige Jahre die Heilige Familie. Das Gebet zur Mutter der Armen möge diese ihre geliebten Kinder und alle, die ihnen im Namen Christi dienen, verbinden. Und das Gebet verwandle die entgegengestreckte Hand in eine gemeinsame Umarmung wiedergefundener Geschwisterlichkeit.

Rom, St. Johannes im Lateran, 13. Juni 2020, Gedenktag des heiligen Antonius von Padua.

FRANZISKUS