Comboni Lainmissionare

Frischer Wind: Lebensgeschichten und soziale Dienste

ministerialidad

Die Comboni-Missionare und Comboni-Missionsschwestern verdanken ihr Dasein dem Plan des Hl. Daniel Comboni, Afrika durch Afrika zu bekehren. Er veröffentlichte seinen Plan zum ersten Mal im Jahr 1864 und überarbeitete und aktualisierte ihn sieben Mal. Er betrachtete ihn als eine Inspiration von Oben, als eine Frucht der barmherzigen Liebe des Guten Hirten für Afrika, das er „die schwarze Perle“ nannte. Er suchte aber gleichzeitig auch Hilfe von Unten, indem er verschiedene Missionsstrategien studierte, kirchliche und phil-anthropische Gruppen, Wissenschaftler und Geographen konsultierte, besonders bei der Suche von Personal und finanziellen Mitteln, um den Plan verwirklichen zu können.

Die Biographen erkennen in Comboni einige grundlegende Merkmale, unter denen sein praktischer, dynamischer Scharfblick und sein unerschütterliches Vertrauen in die Entfaltung Afrikas, trotz der vielen Hindernisse, Kreuze, Missverständnisse, Verleumdungen und kritischer Stimmen, besonders erwähnenswert sind. Ein Beweis dafür sind die zwei aus der Sklaverei befreiten Sudanesen P. Daniel Sorur Pharim Den (1860-1900) und Sr. Fortunata Quascè (1845-1899), die durch ihre Dienste die Gültigkeit des Planes bezeugen.

P. Daniele beschrieb die reale Lage der Afrikaner und betonte, dass zu deren Entfaltung zwei Bedingungen unerlässlich sind: sie vom Joch der Sklaverei zu befreien und ihnen die gleichen Ausbildungsmöglichkeiten wie den anderen Völkern zu garantieren. Sr. Fortunata widmete ihr ganzes Leben der Ausbildung und Vorbereitung afrikanischer Mädchen, damit diese, befreit von jeglicher Sklaverei, beim Erneuerungsprozess im Herzen Afrikas auch mitwirken können.

Seit über 150 Jahren haben Combonis Erben, erleuchtet von Oben, mit der gleichen Entschlossenheit, demselben Vertrauen und getragen von Mitleid und Liebe zu den Ärmsten und Verlassensten, den Traum verwirklicht, Afrika durch soziale Dienste zu bekehren, indem sie unter dem Einwirken des Geistes, der „das Angesicht der Erde erneuert“ (Ps 104,30), den Plan an die neuen Zeiten und Orte angepasst haben. Das ist ein wichtiges Patrimonium, das besonders heute erkannt und geschätzt werden muss, um dem neoliberalen System von gierigen Ausbeutern entgegenzutreten, das die Güter dieser Welt in den Händen einiger weniger konzentriert, die Wegwerfkultur fördert und auf diese Weise Milliarden von Menschen den Zugang zu einem würdigen Leben versperrt.

Aus diesem Grund haben die Generalleitungen der Comboni-Familie für das Jahr 2020, das die Comboni-Missionare dem Dienstamt gewidmet haben, eine ad hoc ernannte Kommission gebeten, ein Buch zu veröffentlichen, in dem einige Lebenserfahrungen von sozialen Diensten erzählt werden. Gleichzeitig sollte die Kommission versuchen, die Präsenzen und Einsätze der Gemeinschaften der Comboni-Familie auf den vier Kontinenten zu erfassen. Wir sind ersucht worden:

•          Gemeinsame Kriterien, Modelle und Prinzipien anhand der aktuellen Erfahrungen von Zusammenarbeit zu erarbeiten und sie in eine institutionelle Perspektive einzuordnen.

•          Die Auswirkung der verschiedenen Dienste auf die Realität zu bewerten und zu eruieren, in wieweit unsere Dienste einem wahren Bedürfnis der Zeit entsprechen.

Diese Arbeit war zweifellos ehrgeizig, aber gleichzeitig auch begrenzt, weil es eben schwierig ist, einen Erfahrungsschatz zu Papier zu bringen. Dazu kommt die Qual, unter den Erfahrungen von 3.500 geweihten und nicht geweihten Missionaren, die in Afrika, Amerika, Asien und Europa das Comboni-Charisma als Arbeitsgrundlage haben, auszuwählen.

Das Buch mit dem Titel „Wir sind Mission. Zeugen der Sozialdienste in der Comboni-Familie“ wurde im Juni 2020 in vier Sprachen (Italienisch, Englisch, Spanisch und Französisch) veröffentlicht. Die Arbeit ist das Ergebnis der Mitarbeit von 61 Missionaren, die gebeten wurden, von ihren Erfahrungen im Sozialdienst zu erzählen. Sodann haben zwei externe Experten das Material gesichtet und dabei auf die Stärken der dienstamtlichen Einsätze und auf die noch aufzulösenden Knoten hingewiesen, um wirksamer auf Änderungen im System hinzuarbeiten.

Die Erzählungen und der Austausch helfen uns zu verstehen, dass trotz der vielen Situationen, Ansätze und Initiativen die soziale Dimension die Querachse eines jeden Dienstes ist; in dem Sinn, dass jeder Dienst, als Geschenk Gottes verstanden, durch seine ihm innewohnende Kraft die Befreiung der Unterdrückten, das „Gnadenjahr“ (Lk 4,18-19) verkündet, und den Heiden, im ursprünglichen und von der Vorsehung bestimmten Plan, „einen neuen Himmel und eine neue Erde“ offenbart (Offb 21,1).

Die Beschreibung der Vorgehensweise im sozialen Dienst bereichert aus diesem Grund das Missionsmodell, das immer mehr die Vielschichtigkeit der heutigen Welt durchdringt und auf die Zeichen der Zeit und der Orte eingeht, um allen Völkern den Glauben an Jesus Christus neu verkünden zu können, in einer heute verständlichen Sprache und Form.

Der begonnene Prozess wird sich lange hinziehen, aber er kann sich mit einigen Themen und Vorschlägen des Buches behelfen und auch mit anderen, die in der Gesamtauflistung (mappatura) der Comboni-Familie aufscheinen. Im Verlauf des Forums in Rom über die sozialen Dienste der Comboni-Missionare im kommenden Dezember 2020 wird es Gelegenheiten geben zur Besinnung, zu Überlegungen, zu Synthesen, zum Unterscheiden und zum Neubeginn.

Wir beginnen nicht am Nullpunkt, wir gehen nicht von Theorien aus, sondern von täglichen und ausgetauschten Erfahrungen der Mission, die mit einigen Verben zusammengefasst werden können:

Sehen: mit „durchdringenden Augen und offenem Herzen“, um die Herausforderungen und Möglichkeiten für die Verkündigung des Evangeliums zu nutzen.

Nachbar werden: in der Dynamik einer missionarischen und sich „in Aufbruch“ befindenden Kirche, die in Randgebieten lebt, die Wunden von Brüdern und Schwestern berührt und den Geruch der Schafe und den Lebensstil der Armen annimmt.

Begegnen: die Mystik der Begegnung leben und fördern. Sich zur Katholizität bekennen und die Distanz zwischen Credos und Kulturen durch Dialog und Ökumene verkürzen, zum Wohl einer allumfassenden Geschwisterlichkeit.

Erneuern: sich von der Wirklichkeit herausfordern lassen; sich nach den fünf Broten und den zwei Fischen der Kleinen, nach den zwei kleinen Münzen der Witwe und dem Wasser zur Reinigung der Völker umsehen.

Verändern: es bleibt keine Zeit mehr für kleine Änderungen; es ist die Zeit des Umbruchs! Die Zeit ist gekommen, sich den Ursachen zu stellen, die zu Ungleichheiten zwischen Menschen, Völkern und zur Wegwerfkultur führen.

Feiern: alles, was dem sozialen Dienst Beständigkeit verleiht und die Jünger nach dem Ostergeheimnis Christi ausrichtet, zur Unterstützung des Glaubens im Alltag der Mission.

Neuaufbrechen: im Blick des Geistes ist kein Platz mehr für Selbstverherrlichung und Ruhmsucht; alles wird im Feuer erprobt, das reinigt und dazu drängt, zu wagen und neue Wege einzuschlagen, damit es immer mehr die Wege Gottes sind.

Die Bereiche der sozialen Dienste

Das Herz der sozialen Dienste hört auf den Schrei der Armen, stellt sich an ihre Seite, damit sich ihre Erwartungen erfüllen und sie zum Wandel befähigt werden, nach der evangelischen Logik des Herrn: „Er, der reich war, wurde euretwegen arm, um euch durch seine Armut reich zu machen“ (2 Kor 8,9).

Als Comboni-Familie haben wir uns immer auf die soziale Dimension konzentriert: Gewissensbildung und Schulung von Führungskräften; Medien und Kommunikation; Sorge und Aufmerksamkeit für die Menschen, Gesundheitswesen und Erziehung; existenzielle und geografische Randgebiete (Betreuung von Straßenkindern, Kriegs- und Konfliktsituationen, ethnische Minderheiten; Handel mit Minderjährigen und Frauen; Menschenrechte; Gefängnisseelsorge, Hirtenvölker …); menschlicher und pastoraler Einsatz für Migranten; Bewahrung der Schöpfung; Liturgie und Katechese.

Perspektiven

Der Prozess, die soziale Dimension des Dienstes zu betonen, darf und soll nicht als eine durch Umstände bedingte und zeitlich begrenzte Aktion betrachtet werden. Es handelt sich um eine lange Reise, nach der lebendigen Tradition der Kirche. Dieser Prozess muss unterstützt, gefördert und überprüft werden, angesichts des rasanten Rhythmus des epochalen Wandels, um die missionarische und charismatische Präsenz der Comboni-Familie in der heutigen Welt wirksam und schöpferisch zu gestalten.

Die soziale Dimension der Dienste lädt uns daher ein, die Missionstätigkeit zu überprüfen. Es ist eine Einladung an die Comboni-Familie, darüber nachzudenken, was sie beim Aufbau des Reiches Gottes zum Wohle der Menschheitsfamilie sein und verwirklichen will. Der rote Faden ist immer die Mission, mit diesen besonderen Merkmalen:

•          Veränderung des Systems, das die Müllkultur verursacht;

•          Evangelischer Einsatz zum Wohl der Menschen durch Nähe und samaritanisches Mitgefühl;

•          Synodale Haltung, die alle einbezieht und an allen Diensten beteiligt;

•          ökologische Umkehr, im Bewusstsein, dass wir durch die Bewahrung des gemeinsamen Hauses die Bedingungen für ein würdiges Leben für alle schaffen, insbesondere für die Ausgeschlossenen.

Der Titel des Buches „Wir sind Mission“ wird so zu einem Appell an die Mission, an die Gemeinschaft von Erneuerten, von Schwestern, Brüdern und Laien, die immer enger mit anderen Gruppen, kirchlichen Verbänden und Laienorganisationen, als integrierendem Teil des Gottesvolkes, verbunden sind.

Dieser Umbruchsprozess verstärkt Combonis Traum, Afrika durch Afrika zu bekehren, in der Perspektive des großen Traums von Papst Franziskus, der im postsynodalen Apostolischen Schreiben „Querida Amazonia“ zum Ausdruck kommt: Der Traum, eine neue Gesellschaft mit Einbeziehung der „Randgruppen“, und einen neuen Sozialpakt für das Gemeinwohl aufzubauen. Der kulturelle Traum einer pluralistischen Gesellschaft; der ökologische Traum, wo alles untereinander verflochten ist. Der Einsatz für die Rettung der Welt garantiert die Zukunft der gesamten Menschheitsfamilie. Und schlussendlich der kirchliche Traum, symbolisiert durch das Bild vom „Feldkrankenhaus“, das mitten im Alltag der Armen und Ausgegrenzten steht, die Wunden der Brüder und Schwestern berührt und sie mit dem Öl des Friedens und der Versöhnung heilt.
Fernando Zolli und Daniele Moschetti

Übersetzung: Pater Alois Eder

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