Comboni Lainmissionare

Botschaft Von Papst Franziskus. Welttag Der Armen

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„Streck dem Armen deine Hand entgegen“ (vgl. Sir 7,32)

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„Streck dem Armen deine Hand entgegen“ (vgl. Sir 7,32). Die altehrwürdige Weisheit hat diese Worte gleichsam als einen heiligen Verhaltenskodex für das Leben aufgestellt. Sie erklingen heute mit ihrer ganzen Bedeutungsschwere, um auch uns zu helfen, den Blick auf das Wesentliche zu konzentrieren und die Schranken der Gleichgültigkeit zu überwinden. Die Armut tritt immer in verschiedenen Formen auf, die für jede besondere Situation Aufmerksamkeit verlangen: In jeder von ihnen können wir dem Herrn Jesus begegnen, der offenbart hat, in seinen geringsten Brüdern anwesend zu sein (vgl. Mt 25,40).

1. Nehmen wir das Buch Jesus Sirach aus dem Alten Testament zur Hand. Hier finden wir die Worte eines Weisheitslehrers, der circa zweihundert Jahre vor Christus gelebt hat. Er suchte nach der Weisheit, die die Menschen besser macht und befähigt, die Begebenheiten des Lebens tiefer zu ergründen. Er tat dies in einer Zeit harter Prüfung für das Volk Israel, einer Zeit des Schmerzes, der Trauer und des Elends aufgrund der Herrschaft fremder Mächte. Als Mann großen Glaubens, der in der Tradition der Väter verwurzelt ist, war sein erster Gedanke, sich an Gott zu wenden, um ihn um die Gabe der Weisheit zu bitten. Und der Herr ließ es ihm an seiner Hilfe nicht fehlen.

Von den ersten Seiten des Buches an legt Jesus Sirach seine Ratschläge zu vielen konkreten Lebenssituationen dar, darunter auch die Armut. Er besteht darauf, dass man in der Not Gottvertrauen haben muss: »Überstürze nichts zur Zeit der Bedrängnis! Binde dich an den Herrn und lass nicht von ihm, damit du am Ende erhöht wirst! Nimm alles an, was über dich kommen mag, und in den Wechselfällen deiner Erniedrigung halt aus! Denn im Feuer wird Gold geprüft und die anerkannten Menschen im Schmelzofen der Erniedrigung. In Krankheiten und Armut setze auf ihn dein Vertrauen! Vertrau ihm und er wird sich deiner annehmen! Richte deine Wege aus und hoffe auf ihn! Die ihr den Herrn fürchtet, wartet auf sein Erbarmen! Weicht nicht ab, damit ihr nicht zu Fall kommt!« (2,2-7).

2. Seite für Seite entdecken wir ein kostbares Kompendium von Empfehlungen für ein Handeln im Licht einer engen Beziehung zu Gott, dem Schöpfer, der die Schöpfung liebt, der gegenüber all seinen Kindern gerecht ist und für sie sorgt. Der beständige Bezug auf Gott lenkt jedoch nicht davon ab, auf den konkreten Menschen zu schauen, vielmehr sind die beiden Dinge eng miteinander verbunden.

Die Stelle, der der Titel dieser Botschaft entnommen ist (vgl. 7,29-36), zeigt dies deutlich. Das Gebet zu Gott und die Solidarität mit den Armen und Leidenden können nicht voneinander getrennt werden. Um einen dem Herrn wohlgefälligen Gottesdienst zu feiern, ist es notwendig anzuerkennen, dass jeder Mensch, mag er noch so bedürftig und verachtet sein, Gottes Abbild in sich trägt. Aus dieser Aufmerksamkeit erwächst die Gabe des göttlichen Segens, der von der gegenüber dem Armen geübten Großzügigkeit angezogen wird. Daher kann die dem Gebet gewidmete Zeit niemals zum Vorwand werden, um den Nächsten in seiner Not zu vernachlässigen. Das Gegenteil ist wahr: Der Segen des Herrn kommt auf uns herab, und das Gebet erreicht seinen Zweck, wenn diese vom Dienst an den Armen begleitet werden.

3. Wie aktuell ist diese alte Lehre auch für uns! Das Wort Gottes überschreitet nämlich Raum, Zeit, Religionen und Kulturen. Die Großzügigkeit, die den Armen unterstützt, den Betrübten tröstet, die Leiden lindert, gibt dem die Würde zurück, der ihrer beraubt ist, sie ist Bedingung für ein ganz und gar menschliches Leben. Die Entscheidung, den Armen Aufmerksamkeit zu widmen wie auch ihren vielen verschiedenen Bedürfnissen, darf nicht von der verfügbaren Zeit oder von privaten Interessen abhängen noch von blutleeren Pastoral- oder Sozialprojekten. Man darf die Kraft der Gnade Gottes nicht durch die narzisstische Neigung ersticken, sich selbst immer an die erste Stelle setzen zu wollen.

Den Blick auf den Armen gerichtet zu halten ist schwierig, aber notwendiger denn je, um unserem persönlichen und sozialen Leben die rechte Richtung zu verleihen. Es geht nicht darum, viele Worten zu machen, sondern vielmehr, von der göttlichen Liebe angetrieben, sein Leben konkret einzubringen. Jedes Jahr komme ich mit dem Welttag der Armen auf diese für das Leben der Kirche grundlegende Wirklichkeit zurück, da die Armen immer bei uns sind und sein werden (vgl. Joh 12,8), um uns zu helfen, die Gegenwart Christi im täglichen Leben zu erfassen.

4. Die Begegnung mit einem Menschen in Armut fordert uns stets heraus und stellt Fragen an uns. Wie können wir dazu beitragen, seine Ausgrenzung und sein Leiden zu beseitigen oder zumindest zu erleichtern? Wie können wir ihm in seiner geistlichen Armut helfen? Die christliche Gemeinschaft ist aufgerufen, sich in diese Erfahrung des Teilens einzubringen, und dies in dem Bewusstsein, dass es ihr nicht erlaubt ist, diese Aufgabe an andere zu delegieren. Um den Armen eine Stütze zu sein ist es zudem wesentlich, die evangeliumsgemäße Armut selbst zu leben. Wir können nicht mit ruhigem Gewissen zuschauen, wenn ein Mitglied der menschlichen Familie ins Abseits gestellt wird und zum Schatten wird. Der leise Schrei der vielen Armen muss immer und überall das Volk Gottes an vorderster Front antreffen, damit es ihnen eine Stimme verleiht, sie verteidigt und sich mit ihnen angesichts so vieler Scheinheiligkeit und nicht erfüllter Versprechen solidarisiert und sie am Leben der Gemeinschaft teilhaben lässt.

Es stimmt, die Kirche kann keine Gesamtlösungen vorschlagen, aber mit der Gnade Christi bietet sie ihr Zeugnis und Gesten des Teilens an. Sie fühlt sich darüber hinaus verpflichtet, die Anliegen derer vorzutragen, denen das Lebensnotwendige fehlt. Allen den hohen Wert des Gemeinwohls in Erinnerung zu rufen ist für das christliche Volk eine lebenslange Verpflichtung; sie wird in dem Bemühen umgesetzt, niemanden von denen zu vergessen, deren Menschsein in seinen Grundbedürfnissen missachtet wird.

5. Die Hand entgegenzustrecken lässt vor allem den, der es tut, entdecken, dass wir fähig sind, Dinge zu vollbringen, die dem Leben Sinn verleihen. Wie viele entgegengestreckte Hände sieht man jeden Tag! Leider geschieht es immer öfter, dass die Eile in einen Strudel der Gleichgültigkeit hineinzieht, sodass man das viele Gute, das täglich in Stille und in großer Freigebigkeit vollbracht wird, nicht mehr zu erkennen vermag. So kommt es vor, dass nur bei Ereignissen, die den Lauf unseres Lebens durcheinanderbringen, die Augen fähig werden, die Güte der „Heiligen von nebenan“ zu bemerken, »derer, die in unserer Nähe wohnen und die ein Widerschein der Gegenwart Gottes sind« (Apostolisches Schreiben Gaudete et exsultate, 7), von denen aber niemand spricht. Die schlechten Nachrichten füllen die Seiten der Zeitungen, die Internetseiten und die Fernsehbildschirme im Übermaß, so dass man denkt, das Böse herrsche uneingeschränkt. Dem ist nicht so. Gewiss fehlt es nicht an Bosheit und Gewalt, an Übergriffen und Korruption, doch das Leben besteht aus einem Geflecht von Taten des Respekts und der Großzügigkeit, die nicht nur das Böse ausgleichen, sondern dazu antreiben, darüber hinaus zu gehen und voller Hoffnung zu sein.

6. Die Hand entgegenzustrecken ist ein Zeichen: ein Zeichen, das unmittelbar auf die Nähe, die Solidarität, die Liebe hinweist. Wie viele entgegengestreckte Hände haben wir in diesen Monaten erblicken können, in denen die ganze Welt von einem Virus gleichsam übermannt wurde, das Schmerz und Tod, Verzagtheit und Verwirrung gebracht hat. Die entgegengestreckte Hand des Arztes, der sich um jeden Patienten kümmert und nach dem richtigen Heilmittel sucht. Die entgegengestreckte Hand der Krankenschwester oder des Krankenpflegers, die weit über ihre Arbeitszeiten hinaus dableiben, um die Kranken zu versorgen. Die entgegengestreckte Hand dessen, der in der Verwaltung arbeitet und die Mittel beschafft, um so viele Leben wie möglich zu retten. Die entgegengestreckte Hand des Apothekers, der in einem mit Risiko verbundenem Umgang mit den Menschen vielen Anfragen ausgesetzt ist. Die entgegengestreckte Hand des Priesters, der mit qualerfülltem Herzen segnet. Die entgegengestreckte Hand des Freiwilligen, der denen beisteht, die auf der Straße leben, wie auch denen, die zwar ein Zuhause, aber nichts zu essen haben. Die entgegengestreckte Hand der Männer und Frauen, die arbeiten, um wesentliche Dienste und Sicherheit zu bieten. Und wir könnten noch weitere entgegengestreckte Hände bis zur Zusammenstellung einer Litanei der guten Werke anführen. All diese Hände haben der Ansteckung und der Angst die Stirn geboten, um Unterstützung und Trost zu geben.

7. Diese Pandemie kam unerwartet und hat uns unvorbereitet überrascht, während sie ein großes Gefühl der Verunsicherung und Ohnmacht hinterließ. Die dem Armen entgegengestreckte Hand hingegen kam nicht plötzlich. Sie zeugt vielmehr davon, wie man sich darauf vorbereitet, den Armen zu erkennen, um ihn in der Zeit der Not zu unterstützen. Die Werkzeuge der Barmherzigkeit werden nicht improvisiert. Es braucht ein tägliches Training, das bei dem Bewusstsein beginnt, dass wir als Erste einer Hand bedürfen, die uns entgegengestreckt wird.

Die Zeit, die wir gerade erleben, hat viele Gewissheiten in eine Krise gestürzt. Wir fühlen uns ärmer und schwächer, weil wir Grenzgefühl und Freiheitseinschränkung erfahren haben. Der Verlust der Arbeit und inniger Zuneigung wie auch das Fehlen gewohnter zwischenmenschlicher Beziehungen haben mit einem Schlag Horizonte aufgetan, die wir für gewöhnlich nicht mehr bemerkten. Unsere spirituellen und materiellen Reichtümer wurden zur Diskussion gestellt, und wir haben entdeckt, dass wir Angst haben. In die Stille unserer Häuser eingeschlossen, haben wir neu entdeckt, wie wichtig die Einfachheit ist und dass wir den Blick auf das Wesentliche richten. Wir haben das Bedürfnis nach einer neuen Geschwisterlichkeit vertieft, die zu wechselseitiger Hilfe und gegenseitiger Achtung fähig ist. Es ist dies eine günstige Zeit, um »wieder [zu] spüren, dass wir einander brauchen, dass wir eine Verantwortung für die anderen und für die Welt haben […]. Wir haben schon sehr viel Zeit moralischen Verfalls verstreichen lassen, indem wir die Ethik, die Güte, den Glauben und die Ehrlichkeit bespöttelt haben […]. Diese Zerstörung jeder Grundlage des Gesellschaftslebens bringt uns schließlich um der Wahrung der jeweils eigenen Interessen willen gegeneinander auf, lässt neue Formen von Gewalt und Grausamkeit aufkommen und verhindert die Entwicklung einer wahren Kultur des Umweltschutzes« (Enzyklika Laudato si’, 229). Kurz und gut, die großen Wirtschafts-, Finanz- und politischen Krisen werden nicht aufhören, solange wir zulassen, dass die Verantwortung, der sich ein jeder gegenüber dem Nächsten und allen Menschen bewusst sein muss, in einer Art Winterschlaf verharrt.

8. „Streck dem Armen deine Hand entgegen“ ist also eine Einladung zur Verantwortung im Sinne eines direkten Einsatzes dessen, der sich bewusst ist, dass er am gleichen Los teilhat. Es ist eine Aufforderung, die Last der Schwächeren zu tragen, wie uns der heilige Paulus in Erinnerung ruft: »Dient einander in Liebe! Denn das ganze Gesetz ist in dem einen Wort erfüllt: Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst! […] Einer trage des anderen Last« (Gal 5,13-14; 6,2). Der Apostel lehrt uns, dass die uns durch Jesu Christi Tod und Auferstehung geschenkte Freiheit für einen jeden von uns die Verantwortung bedeutet, sich in den Dienst der anderen zu stellen, vor allem der Schwächsten. Es handelt sich nicht um einen fakultativen Aufruf, sondern um eine Bedingung der Authentizität des Glaubens, den wir bekennen.

Das Buch Jesus Sirach kommt uns hier wieder zu Hilfe. Es schlägt konkrete Taten zur Unterstützung der Schwächsten vor und gebraucht dabei auch einige suggestive Bilder. Zuerst zieht es die Schwachheit der Trauernden in Betracht: »Entzieh dich nicht den Weinenden« (7,34). Die Zeit der Pandemie hat uns eine Zwangsisolation auferlegt; dadurch war es uns sogar verwehrt, Freunden und Bekannten, die über den Verlust eines lieben Menschen trauerten, Trost zu spenden und nahe zu sein. Der biblische Autor sagt weiter: »Zögere nicht, einen Kranken zu besuchen« (7,35). Wir mussten die Erfahrung machen, dass wir den Leidenden nicht zur Seite stehen konnten, und gleichzeitig wurde uns die Zerbrechlichkeit unseres Daseins bewusst. Das Wort Gottes also lässt uns nie in Ruhe und regt uns weiter zum Guten an.

9. „Streck dem Armen deine Hand entgegen“ hebt im Kontrast dazu die Haltung derer hervor, die die Hände eingesteckt und sich nicht von der Armut berühren lassen, an der sie oft auch mitschuldig sind. Gleichgültigkeit und Zynismus sind ihr täglich Brot. Was für ein Unterschied zu den großzügigen Händen, die wir zuvor beschrieben haben! Denn es gibt ausgestreckte Hände, die schnell über eine Computertastatur bewegen und Geldbeträge von einem Teil der Welt in einen anderen verschieben und damit den Reichtum begrenzter Oligarchien wie auch das Elend von Massen oder den Konkurs ganzer Nationen bestimmen. Es gibt ausgestreckte Hände, die Geld anhäufen mit dem Verkauf von Waffen, die andere Hände – auch von Kindern – dann verwenden, um Tod und Armut zu säen. Es gibt ausgestreckte Hände, die heimlich tödliche Dosen reichen, um sich zu bereichern und in Luxus und in vergänglichen Ausschweifungen zu leben. Es gibt ausgestreckte Hände, die für einen einfachen, korrupten Gewinn unter der Hand gesetzwidrige Gefälligkeiten erbringen. Und es gibt viele ausgestreckte Hände, die in Scheinheiligkeit Gesetze festlegen, die sie selbst nicht einhalten.

Mit dieser Aussicht »warten die Ausgeschlossenen weiter. Um einen Lebensstil vertreten zu können, der die anderen ausschließt, oder um sich für dieses egoistische Ideal begeistern zu können, hat sich eine Globalisierung der Gleichgültigkeit entwickelt. Fast ohne es zu merken, werden wir unfähig, Mitleid zu empfinden gegenüber dem schmerzvollen Aufschrei der anderen, wir weinen nicht mehr angesichts des Dramas der anderen, noch sind wir daran interessiert, uns um sie zu kümmern, als sei all das eine uns fernliegende Verantwortung, die uns nichts angeht« (Apostolisches Schreiben Evangelii gaudium, 54). Wir dürfen uns nicht zufriedengeben, solange diese Hände, die Tod säen, nicht zu Werkzeugen der Gerechtigkeit und des Friedens für die ganze Welt geworden sind.

10. »Bei all deinen Worten bedenke dein Ende« (Sir 7,36). Mit dieser Aussage beschließt Jesus Sirach seine Überlegungen. Der Text erlaubt eine zweifache Interpretation. Die erste hebt hervor, dass wir immer das Ende unseres Daseins berücksichtigen müssen. An das gemeinsame Los zu denken kann eine Hilfe sein für ein Leben im Zeichen der Achtsamkeit gegenüber dem, der ärmer ist und nicht die gleichen Möglichkeiten hatte wie wir. Es gibt ebenso eine zweite Deutung, die vielmehr das Ziel, den Zweck unterstreicht, zu dem jeder unterwegs ist. Es geht um das Ziel unseres Lebens, das einen Plan erfordert, den man verwirklichen soll, und einen Weg, den man ohne müde zu werden gehen muss. Das Ziel jeder unserer Handlungen kann nur die Liebe sein. Dies ist der Zweck, warum wir uns auf den Weg gemacht haben, und nichts darf uns davon abbringen. Diese Liebe heißt Teilen, Hingabe und Dienst, beginnt aber bei der Entdeckung, dass wir als Erste geliebt sind und wieder zur Liebe gerufen sind. Dieses Ziel erscheint in dem Moment, da das Kind dem Lächeln seiner Mutter begegnet und sich geliebt weiß aufgrund der Tatsache selbst, dass es existiert. Auch ein Lächeln, das wir mit einem Armen teilen, ist eine Quelle von Liebe und ermöglicht es, in Freude zu leben. Die entgegengestreckte Hand also kann immer durch das Lächeln dessen bereichert werden, der seine Gegenwart und dargebotene Hilfe nicht betont, sondern sich einfach freut, nach dem Stil des Jüngers Christi zu leben.  

Auf diesem Weg, täglich den Armen zu begegnen, begleite uns die Mutter Gottes, die mehr als jede andere die Mutter der Armen ist. Die Jungfrau Maria kennt aus nächster Nähe die Schwierigkeiten und Leiden der Ausgegrenzten, denn sie selbst musste den Sohn Gottes in einem Stall zur Welt bringen. Wegen der Bedrohung durch Herodes floh sie mit Josef, ihrem Bräutigam, und dem kleinen Jesuskind in ein anderes Land, und das Leben als Flüchtlinge prägte für einige Jahre die Heilige Familie. Das Gebet zur Mutter der Armen möge diese ihre geliebten Kinder und alle, die ihnen im Namen Christi dienen, verbinden. Und das Gebet verwandle die entgegengestreckte Hand in eine gemeinsame Umarmung wiedergefundener Geschwisterlichkeit.

Rom, St. Johannes im Lateran, 13. Juni 2020, Gedenktag des heiligen Antonius von Padua.

FRANZISKUS

Frischer Wind: Lebensgeschichten und soziale Dienste

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Die Comboni-Missionare und Comboni-Missionsschwestern verdanken ihr Dasein dem Plan des Hl. Daniel Comboni, Afrika durch Afrika zu bekehren. Er veröffentlichte seinen Plan zum ersten Mal im Jahr 1864 und überarbeitete und aktualisierte ihn sieben Mal. Er betrachtete ihn als eine Inspiration von Oben, als eine Frucht der barmherzigen Liebe des Guten Hirten für Afrika, das er „die schwarze Perle“ nannte. Er suchte aber gleichzeitig auch Hilfe von Unten, indem er verschiedene Missionsstrategien studierte, kirchliche und phil-anthropische Gruppen, Wissenschaftler und Geographen konsultierte, besonders bei der Suche von Personal und finanziellen Mitteln, um den Plan verwirklichen zu können.

Die Biographen erkennen in Comboni einige grundlegende Merkmale, unter denen sein praktischer, dynamischer Scharfblick und sein unerschütterliches Vertrauen in die Entfaltung Afrikas, trotz der vielen Hindernisse, Kreuze, Missverständnisse, Verleumdungen und kritischer Stimmen, besonders erwähnenswert sind. Ein Beweis dafür sind die zwei aus der Sklaverei befreiten Sudanesen P. Daniel Sorur Pharim Den (1860-1900) und Sr. Fortunata Quascè (1845-1899), die durch ihre Dienste die Gültigkeit des Planes bezeugen.

P. Daniele beschrieb die reale Lage der Afrikaner und betonte, dass zu deren Entfaltung zwei Bedingungen unerlässlich sind: sie vom Joch der Sklaverei zu befreien und ihnen die gleichen Ausbildungsmöglichkeiten wie den anderen Völkern zu garantieren. Sr. Fortunata widmete ihr ganzes Leben der Ausbildung und Vorbereitung afrikanischer Mädchen, damit diese, befreit von jeglicher Sklaverei, beim Erneuerungsprozess im Herzen Afrikas auch mitwirken können.

Seit über 150 Jahren haben Combonis Erben, erleuchtet von Oben, mit der gleichen Entschlossenheit, demselben Vertrauen und getragen von Mitleid und Liebe zu den Ärmsten und Verlassensten, den Traum verwirklicht, Afrika durch soziale Dienste zu bekehren, indem sie unter dem Einwirken des Geistes, der „das Angesicht der Erde erneuert“ (Ps 104,30), den Plan an die neuen Zeiten und Orte angepasst haben. Das ist ein wichtiges Patrimonium, das besonders heute erkannt und geschätzt werden muss, um dem neoliberalen System von gierigen Ausbeutern entgegenzutreten, das die Güter dieser Welt in den Händen einiger weniger konzentriert, die Wegwerfkultur fördert und auf diese Weise Milliarden von Menschen den Zugang zu einem würdigen Leben versperrt.

Aus diesem Grund haben die Generalleitungen der Comboni-Familie für das Jahr 2020, das die Comboni-Missionare dem Dienstamt gewidmet haben, eine ad hoc ernannte Kommission gebeten, ein Buch zu veröffentlichen, in dem einige Lebenserfahrungen von sozialen Diensten erzählt werden. Gleichzeitig sollte die Kommission versuchen, die Präsenzen und Einsätze der Gemeinschaften der Comboni-Familie auf den vier Kontinenten zu erfassen. Wir sind ersucht worden:

•          Gemeinsame Kriterien, Modelle und Prinzipien anhand der aktuellen Erfahrungen von Zusammenarbeit zu erarbeiten und sie in eine institutionelle Perspektive einzuordnen.

•          Die Auswirkung der verschiedenen Dienste auf die Realität zu bewerten und zu eruieren, in wieweit unsere Dienste einem wahren Bedürfnis der Zeit entsprechen.

Diese Arbeit war zweifellos ehrgeizig, aber gleichzeitig auch begrenzt, weil es eben schwierig ist, einen Erfahrungsschatz zu Papier zu bringen. Dazu kommt die Qual, unter den Erfahrungen von 3.500 geweihten und nicht geweihten Missionaren, die in Afrika, Amerika, Asien und Europa das Comboni-Charisma als Arbeitsgrundlage haben, auszuwählen.

Das Buch mit dem Titel „Wir sind Mission. Zeugen der Sozialdienste in der Comboni-Familie“ wurde im Juni 2020 in vier Sprachen (Italienisch, Englisch, Spanisch und Französisch) veröffentlicht. Die Arbeit ist das Ergebnis der Mitarbeit von 61 Missionaren, die gebeten wurden, von ihren Erfahrungen im Sozialdienst zu erzählen. Sodann haben zwei externe Experten das Material gesichtet und dabei auf die Stärken der dienstamtlichen Einsätze und auf die noch aufzulösenden Knoten hingewiesen, um wirksamer auf Änderungen im System hinzuarbeiten.

Die Erzählungen und der Austausch helfen uns zu verstehen, dass trotz der vielen Situationen, Ansätze und Initiativen die soziale Dimension die Querachse eines jeden Dienstes ist; in dem Sinn, dass jeder Dienst, als Geschenk Gottes verstanden, durch seine ihm innewohnende Kraft die Befreiung der Unterdrückten, das „Gnadenjahr“ (Lk 4,18-19) verkündet, und den Heiden, im ursprünglichen und von der Vorsehung bestimmten Plan, „einen neuen Himmel und eine neue Erde“ offenbart (Offb 21,1).

Die Beschreibung der Vorgehensweise im sozialen Dienst bereichert aus diesem Grund das Missionsmodell, das immer mehr die Vielschichtigkeit der heutigen Welt durchdringt und auf die Zeichen der Zeit und der Orte eingeht, um allen Völkern den Glauben an Jesus Christus neu verkünden zu können, in einer heute verständlichen Sprache und Form.

Der begonnene Prozess wird sich lange hinziehen, aber er kann sich mit einigen Themen und Vorschlägen des Buches behelfen und auch mit anderen, die in der Gesamtauflistung (mappatura) der Comboni-Familie aufscheinen. Im Verlauf des Forums in Rom über die sozialen Dienste der Comboni-Missionare im kommenden Dezember 2020 wird es Gelegenheiten geben zur Besinnung, zu Überlegungen, zu Synthesen, zum Unterscheiden und zum Neubeginn.

Wir beginnen nicht am Nullpunkt, wir gehen nicht von Theorien aus, sondern von täglichen und ausgetauschten Erfahrungen der Mission, die mit einigen Verben zusammengefasst werden können:

Sehen: mit „durchdringenden Augen und offenem Herzen“, um die Herausforderungen und Möglichkeiten für die Verkündigung des Evangeliums zu nutzen.

Nachbar werden: in der Dynamik einer missionarischen und sich „in Aufbruch“ befindenden Kirche, die in Randgebieten lebt, die Wunden von Brüdern und Schwestern berührt und den Geruch der Schafe und den Lebensstil der Armen annimmt.

Begegnen: die Mystik der Begegnung leben und fördern. Sich zur Katholizität bekennen und die Distanz zwischen Credos und Kulturen durch Dialog und Ökumene verkürzen, zum Wohl einer allumfassenden Geschwisterlichkeit.

Erneuern: sich von der Wirklichkeit herausfordern lassen; sich nach den fünf Broten und den zwei Fischen der Kleinen, nach den zwei kleinen Münzen der Witwe und dem Wasser zur Reinigung der Völker umsehen.

Verändern: es bleibt keine Zeit mehr für kleine Änderungen; es ist die Zeit des Umbruchs! Die Zeit ist gekommen, sich den Ursachen zu stellen, die zu Ungleichheiten zwischen Menschen, Völkern und zur Wegwerfkultur führen.

Feiern: alles, was dem sozialen Dienst Beständigkeit verleiht und die Jünger nach dem Ostergeheimnis Christi ausrichtet, zur Unterstützung des Glaubens im Alltag der Mission.

Neuaufbrechen: im Blick des Geistes ist kein Platz mehr für Selbstverherrlichung und Ruhmsucht; alles wird im Feuer erprobt, das reinigt und dazu drängt, zu wagen und neue Wege einzuschlagen, damit es immer mehr die Wege Gottes sind.

Die Bereiche der sozialen Dienste

Das Herz der sozialen Dienste hört auf den Schrei der Armen, stellt sich an ihre Seite, damit sich ihre Erwartungen erfüllen und sie zum Wandel befähigt werden, nach der evangelischen Logik des Herrn: „Er, der reich war, wurde euretwegen arm, um euch durch seine Armut reich zu machen“ (2 Kor 8,9).

Als Comboni-Familie haben wir uns immer auf die soziale Dimension konzentriert: Gewissensbildung und Schulung von Führungskräften; Medien und Kommunikation; Sorge und Aufmerksamkeit für die Menschen, Gesundheitswesen und Erziehung; existenzielle und geografische Randgebiete (Betreuung von Straßenkindern, Kriegs- und Konfliktsituationen, ethnische Minderheiten; Handel mit Minderjährigen und Frauen; Menschenrechte; Gefängnisseelsorge, Hirtenvölker …); menschlicher und pastoraler Einsatz für Migranten; Bewahrung der Schöpfung; Liturgie und Katechese.

Perspektiven

Der Prozess, die soziale Dimension des Dienstes zu betonen, darf und soll nicht als eine durch Umstände bedingte und zeitlich begrenzte Aktion betrachtet werden. Es handelt sich um eine lange Reise, nach der lebendigen Tradition der Kirche. Dieser Prozess muss unterstützt, gefördert und überprüft werden, angesichts des rasanten Rhythmus des epochalen Wandels, um die missionarische und charismatische Präsenz der Comboni-Familie in der heutigen Welt wirksam und schöpferisch zu gestalten.

Die soziale Dimension der Dienste lädt uns daher ein, die Missionstätigkeit zu überprüfen. Es ist eine Einladung an die Comboni-Familie, darüber nachzudenken, was sie beim Aufbau des Reiches Gottes zum Wohle der Menschheitsfamilie sein und verwirklichen will. Der rote Faden ist immer die Mission, mit diesen besonderen Merkmalen:

•          Veränderung des Systems, das die Müllkultur verursacht;

•          Evangelischer Einsatz zum Wohl der Menschen durch Nähe und samaritanisches Mitgefühl;

•          Synodale Haltung, die alle einbezieht und an allen Diensten beteiligt;

•          ökologische Umkehr, im Bewusstsein, dass wir durch die Bewahrung des gemeinsamen Hauses die Bedingungen für ein würdiges Leben für alle schaffen, insbesondere für die Ausgeschlossenen.

Der Titel des Buches „Wir sind Mission“ wird so zu einem Appell an die Mission, an die Gemeinschaft von Erneuerten, von Schwestern, Brüdern und Laien, die immer enger mit anderen Gruppen, kirchlichen Verbänden und Laienorganisationen, als integrierendem Teil des Gottesvolkes, verbunden sind.

Dieser Umbruchsprozess verstärkt Combonis Traum, Afrika durch Afrika zu bekehren, in der Perspektive des großen Traums von Papst Franziskus, der im postsynodalen Apostolischen Schreiben „Querida Amazonia“ zum Ausdruck kommt: Der Traum, eine neue Gesellschaft mit Einbeziehung der „Randgruppen“, und einen neuen Sozialpakt für das Gemeinwohl aufzubauen. Der kulturelle Traum einer pluralistischen Gesellschaft; der ökologische Traum, wo alles untereinander verflochten ist. Der Einsatz für die Rettung der Welt garantiert die Zukunft der gesamten Menschheitsfamilie. Und schlussendlich der kirchliche Traum, symbolisiert durch das Bild vom „Feldkrankenhaus“, das mitten im Alltag der Armen und Ausgegrenzten steht, die Wunden der Brüder und Schwestern berührt und sie mit dem Öl des Friedens und der Versöhnung heilt.
Fernando Zolli und Daniele Moschetti

Übersetzung: Pater Alois Eder

BOTSCHAFT VON PAPST FRANZISKUS ZUM WELTMISSIONSSONNTAG 2020

Papa Francisco

„Hier bin ich, sende mich“ (Jes 6,8)

Papa Francisco

Liebe Brüder und Schwestern,

für den Einsatz, mit dem der vergangene Oktober, der außerordentliche Missionsmonat, in der gesamten Kirche begangen wurde, möchte ich Gott danken. Ich bin überzeugt, dass dieser dazu beigetragen hat, viele Gemeinschaften auf dem Weg, der durch das Thema „Getauft und gesandt: die Kirche Christi auf Mission in der Welt“ vorgezeichnet war, zur missionarischen Neuausrichtung zu bewegen.

Wenn das aktuelle Jahr auch von den durch die Covid-19 Pandemie verursachten Leiden und Herausforderungen gekennzeichnet ist, so setzt sich doch der missionarische Weg der gesamten Kirche im Lichte jenes Wortes fort, das wir in der Erzählung der Berufung des Propheten Jesaja finden: »Hier bin ich, sende mich« (Jes 6,8). Es ist die immer neue Antwort auf die Frage des Herrn: »Wen soll ich senden?« (ebd.). Dieser Ruf kommt aus dem Herzen Gottes, aus seiner Barmherzigkeit, der in der gegenwärtigen weltweiten Krise sowohl an die Kirche als auch an die Menschheit ergeht. »Wie die Jünger des Evangeliums wurden wir von einem unerwarteten heftigen Sturm überrascht. Uns wurde klar, dass wir alle im selben Boot sitzen, alle schwach und orientierungslos sind, aber zugleich wichtig und notwendig, denn alle sind wir dazu aufgerufen, gemeinsam zu rudern, alle müssen wir uns gegenseitig beistehen. Auf diesem Boot … befinden wir uns alle. Wie die Jünger, die wie aus einem Munde angsterfüllt rufen: „Wir gehen zugrunde“ (vgl. V. 38), so haben auch wir erkannt, dass wir nicht jeder für sich, sondern nur gemeinsam vorankommen« (Betrachtung auf dem Petersplatz, 27. März 2020). Wir sind wirklich erschrocken, orientierungslos und verängstigt. Der Schmerz und der Tod lassen uns unsere menschliche Zerbrechlichkeit erfahren; aber zugleich nehmen wir alle in uns eine starke Sehnsucht nach Leben und Befreiung vom Übel wahr. In diesem Zusammenhang stellt sich der Ruf zur Mission – die Einladung, um der Liebe zu Gott und zum Nächsten willen aus sich selbst hinauszugehen – als Gelegenheit des Teilens, des Dienens, der Fürbitte dar. Die Mission, die Gott jedem anvertraut, führt von einem ängstlichen und verschlossenen zu einem wiedergefundenen und durch die Selbsthingabe erneuerten Ich.

Im Kreuzesopfer, in dem sich die Sendung Jesu erfüllt (vgl. Joh 19,28-30), offenbart uns Gott, dass seine Liebe jedem und allen gilt (vgl. Joh 19,26-27). Und er bittet uns um die persönliche Sendungsbereitschaft, weil er die Liebe ist, die in beständiger Missionsbewegung immer aus sich herausgeht, um Leben zu geben. Aus Liebe zu den Menschen hat Gott Vater den Sohn Jesus gesandt (vgl. Joh 3,16). Jesus ist der Missionar des Vaters: Seine Person und sein Werk sind gänzlicher Gehorsam zum dem Willen des Vaters (vgl. Joh 4,34; 6,38; 8,12-30; Hebr 10,5-10). Seinerseits zieht uns der für uns gekreuzigte und auferstandene Jesus in seine Liebesbewegung hinein, mit eben seinem Geist, der die Kirche beseelt; er macht uns zu Jüngern Christi und sendet uns auf Mission in die Welt und zu den Völkern.

»Die Mission und „die Kirche im Aufbruch“ sind nicht ein Programm, ein Vorhaben, das durch Willensanstrengung zu verwirklichen ist. Christus lässt die Kirche aufbrechen. Du bewegst dich in der Mission der Verkündigung des Evangeliums, weil der Geist dich antreibt und führt« (Vgl. Senza di Lui non possiamo far nulla, Città del Vaticano 2019, 16f). Gott liebt uns immer als Erster und mit dieser Liebe begegnet er uns und ruft uns. Unsere persönliche Berufung rührt daher, dass wir Söhne und Töchter Gottes in der Kirche sind, seine Familie, Brüder und Schwestern in jener Liebe, die Jesus uns bezeugt hat. Alle aber haben eine menschliche Würde, die auf dem göttlichen Ruf gründet, Kinder Gottes zu sein, im Sakrament der Taufe und der Freiheit des Glaubens das zu werden, was sie von je her im Herzen Gottes sind.

Schon die Tatsache des ohne unser eigenes Zutun empfangenen Lebens stellt eine implizite Einladung dar, in die Dynamik der Selbsthingabe einzutreten: In die Getauften wird ein Same gelegt, der als Liebesantwort reife Gestalt in der Ehe oder der Jungfräulichkeit um des Himmelreiches willen annehmen wird. Das menschliche Leben entspringt der Liebe Gottes, es wächst in der Liebe und strebt zur Liebe hin. Niemand ist von der Liebe Gottes ausgeschlossen und im heiligen Opfer des Sohnes Jesu am Kreuz hat Gott die Sünde und den Tod besiegt (vgl. Röm 8,31-39). Für Gott wird das Böse, ja sogar die Sünde, zu einer Herausforderung, zu lieben und immer mehr zu lieben (vgl. Mt 5,38-48; Lk 23,33-34). Daher heilt die göttliche Barmherzigkeit im Paschamysterium die Urwunde der Menschheit und ergießt sich über das ganze Universum. Die Kirche als universales Sakrament der Liebe Gottes für die Welt setzt die Mission Jesu in der Geschichte fort und sendet uns überallhin aus, auf dass durch unser Glaubenszeugnis und die Verkündigung des Evangeliums Gott noch einmal seine Liebe kundtue und Herz, Verstand und Körper aller Menschen sowie die Gesellschaften und Kulturen überall und zu jeder Zeit berühren und verwandeln möge.

Die Mission ist die freie und bewusste Antwort auf den Ruf Gottes. Aber diesen Ruf können wir nur wahrnehmen, wenn wir eine persönliche Liebesbeziehung mit Jesus pflegen, der in der Kirche lebendig ist. Fragen wir uns: Sind wir bereit, die Gegenwart des Heiligen Geistes in unserem Leben anzunehmen? Sind wir bereit, den Ruf zur Mission zu vernehmen, sowohl im Eheleben als auch auf dem Weg der gottgeweihten Keuschheit oder des Weihepriestertums und überhaupt im gewöhnlichen alltäglichen Leben? Sind wir bereit, überallhin ausgesandt zu werden, um unseren Glauben an Gott, den barmherzigen Vater, zu bezeugen, um das Evangelium des Heils Jesu Christi zu verkünden, um am göttlichen Leben des Heiligen Geistes teilzuhaben und so die Kirche aufzubauen? Sind wir bereit, wie Maria, die Mutter Jesu, vorbehaltlos dem Willen Gottes zu dienen (vgl. Lk 1,38)? Diese innere Bereitschaft ist sehr wichtig, um Gott antworten zu können: „Hier bin ich, Herr, sende mich“ (Jes 6,8). Und dies nicht in einer abstrakten Vorstellung, sondern im Heute der Kirche und der Geschichte.

Verstehen, was Gott uns in diesen Zeiten der Pandemie sagen will, wird zu einer Herausforderung auch für die Mission der Kirche. Die Krankheit, das Leiden, die Angst, die Isolation richten Anfragen an uns. Die Armut desjenigen, der allein stirbt, der sich selbst überlassen ist, der die Arbeit und den Lohn verliert, der kein zu Hause und nichts zu essen hat, werfen Fragen auf. Gerade weil wir dazu verpflichtet sind, körperlichen Abstand zu halten und zu Hause zu bleiben, sind wir eingeladen wiederzuentdecken, dass wir der sozialen Beziehungen bedürfen und auch der gemeinschaftlichen Beziehung zu Gott. Fernab davon, das Misstrauen und die Gleichgültigkeit zu mehren, sollte dieser Zustand uns aufmerksamer für unsere Art und Weise machen, mit den anderen in Beziehung zu treten. Und das Gebet, in dem Gott unser Herz berührt und bewegt, öffnet uns für die Bedürfnisse der Liebe, der Würde, der Freiheit unserer Brüder wie auch für die Sorge um die ganze Schöpfung. Die Unmöglichkeit, uns als Kirche zu versammeln, um die Eucharistie zu feiern, hat uns die Lage vieler christlicher Gemeinschaften teilen lassen, die die Messe nicht jeden Sonntag feiern können. In diesem Zusammenhang wird die Frage, die Gott uns stellt, „Wen soll ich senden?“, erneut an uns gerichtet und erwartet von uns eine neue großzügige und überzeugte Antwort: „Hier bin ich, sende mich“ (Jes 6,8). Gott fährt in der Suche fort, wen er in die Welt und zu den Völkern senden kann, um seine Liebe, seine Errettung von Sünde und Tod, seine Befreiung vom Bösen zu bezeugen (vgl. Mt 9,35-38; Lk 10,1-12).

Den Weltmissionstag zu begehen, bedeutet auch zu bekräftigen, wie das Gebet, das Nachdenken und die materielle Hilfe eurer Spenden eine Gelegenheit darstellen, um aktiv an der Mission Jesu in seiner Kirche teilzunehmen. Die Nächstenliebe, die in den Kollekten der liturgischen Feiern des dritten Sonntags im Oktober zum Ausdruck gebracht wird, hat den Zweck, die in meinem Namen geleistete missionarische Arbeit der Päpstlichen Missionswerke zu unterstützen, um den geistlichen und materiellen Bedürfnissen der Völker und der Kirchen auf der ganzen Welt zum Heile aller nachzukommen.

Die allerseligste Jungfrau Maria, Stern der Evangelisierung und Trösterin der Betrübten, missionarische Jüngerin ihres eigenen Sohnes Jesus, möge weiterhin für uns Fürsprache einlegen und uns beistehen.

Rom, St. Johannes im Lateran, am 31. Mai 2020, dem Hochfest Pfingsten.

FRANCISCUS

Gebetsmeinungen der Comboni Familie Oktober 2020

Oración LMC

Oktober – Dass sich alle Christen ad gentes “gesandt” wissen,  sich die Mission zu Herzen nehmen, um eine Willkommenskultur für die Armen und die Asylsuchenden aufzubauen, indem sie Initiativen, sich gegenseitig kennen zu lernen und sich zu respektieren, unterstützen. Darum lasst uns beten.

Oración LMC